Steigerung des Unternehmenswertes durch Multiple Arbitrage

Finanzielle Werthebel gehören zum Standardinstrumentarium, wenn es um die Steigerung des Unternehmenswertes geht. Die sogenannte Multiple Arbitrage ist im Mittelstand weithin unbekannt. Sowohl Finanzinvestoren als auch Strategen nutzen dieses Instrument aber systematisch. Wert schaffen ohne operative Verbesserungen ist möglich!

Neben dem Leverage-Effekt stellt die Multiple Arbitrage ein mächtiges Instrument dar, mit dessen Hilfe sich der Wert von Unternehmen wesentlich steigern lässt. Die Logik ist bestechend und basiert weder auf Finanztricks, noch auf Irrationalismen der Kapitalmärkte. Es ist vielmehr das Denken in strategischen Perspektiven, das betriebswirtschaftlich fundierte Effekte nach sich zieht. Um Multiple Arbitrage zu verstehen, ist es wichtig, sich zunächst vor Augen zu führen, dass Unternehmen am Markt häufig mittels der Methode der Multiples (Market-Multiples oder Transaction-Multiples) bewertet werden. Diese Form der Mark-to-Market-Bewertung stammt aus der Überlegung, dass Marktpreise für Unternehmen sich empirisch identifizieren lassen und sich grundsätzlich am Zukunftspotenzial eines Unternehmens orientieren. Multiple Arbitrage lässt sich besonders oft im Falle von M&A-Transaktionen umsetzen, kann allerdings auch bei bestehenden Unternehmen durch strategische Repositionierung stattfinden.

Unternehmensbewertung mit Hilfe von Multiples

Eine weit verbreitete Methode der Unternehmensbewertung ist die Bewertung mit sogenannten Multiples. Vereinfacht ausgedrückt wird in diesem Zusammenhang der Wert eines Unternehmens als ein Vielfaches einer Bezugsgröße wie Umsatz, EBIT, EBITDA oder Gewinn ermittelt. Die wohl bekannteste diesbezügliche Kennzahl bei börsennotierten Unternehmen ist das sogenannte Kurs-Gewinn-Verhältnis („KGV“). Je höher dieser Quotient ausfällt, desto höher ist grundsätzlich das Unternehmen bewertet und umso teurer ist damit das Unternehmen bzw. die Aktie. Beträgt also der Gewinn eines Unternehmens EUR 10 Mio. und liegt das KGV einer passenden Vergleichsgruppe („Peer-Group“) bei 15, so liegt der Wert des Unternehmens bei EUR 10 Mio. x 15 = EUR 150 Mio. Einen schnellen Überblick zu Bewertungsmethoden  einschließlich eines Tools zur multiple-basierten Unternehmensbewertung finden Sie Unternehmenswertrechner UWe.

Bei Unternehmenskäufen ist das am häufigsten angewandte Multiple das EBITDA-Multiple. EBITDA steht für „Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization“. Dies entspricht vereinfacht ausgedrückt dem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibung. Diese Kennzahl ist weniger von nationalen Steuergesetzgebungen und Rechnungslegungseinflüssen verzerrt als der Gewinn. Auch wird damit ein Unternehmen unabhängig von der gewählten Finanzierungsstruktur als operative Einheit bewertet.

Gelingt es nun einem Unternehmen, durch die Beeinflussung meist strategischer Faktoren in eine Gruppe vergleichbarer Unternehmen zu gelangen, deren Multiple höher ist („Multiple Arbitrage“), steigt auch der Wert des jeweiligen Unternehmens. Multiple Arbitrage ist ein zentraler Werthebel zur Steigerung des Unternehmenswertes und beruht auf der Erkenntnis, dass Marktwerte von Unternehmen innerhalb einer Branche in Abhängigkeit von dem gewählten Bewertungsmultiple empirisch stark schwanken.

„Multiple Arbitrage“ ist eine sowohl von Finanzinvestoren als auch von strategischen Investoren häufig angewandte Technik, mit welcher der Wert von Unternehmen gesteigert wird, ohne bereits operative Verbesserungen durchgeführt zu haben. Operative Verbesserungen, so sie denn kommen, erhöhen vielmehr den Wert des Unternehmens dann noch einmal zusätzlich. Indem also das für die Bewertung anzuwendende Multiple aufgrund einer veränderten Peer-Group steigt, steigt damit auch der Wert des Unternehmens. Erfolgreich umgesetzte Multiple-Arbitrage-Strategien können extrem smart sein und führen beispielsweise beim Kauf von Unternehmen von der ersten Minute an zu positiven Wertbeiträgen, lange bevor auch nur eine Synergie oder Kosteneinsparung realisiert worden ist.

Warum erreichen nun manche Unternehmen einer Branche höhere EBITDA-Multiples als andere? Wenn auch die Ursachen vielfältig sein mögen, so lässt sich allgemein gesprochen doch sagen, dass die Zukunftspotenziale von Unternehmen mit höherem EBITDA-Multiple günstiger eingeschätzt werden als jene von Unternehmen mit niedrigerem Multiple. Nachdem die Quellen und Stellhebel für die Steigerung des Unternehmenswerts vielfältig sind, sind auch die Markteinschätzungen hinsichtlich der wichtigsten Faktoren für eine positive Zukunftserwartung entsprechend unterschiedlich. Die Wertsteigerung durch Multiple Arbitrage setzt also keine unmittelbaren operativen Verbesserungen voraus, wohl aber eine bessere Einschätzung der Zukunftsaussichten des Unternehmens.

Multiple Arbitrage aufgrund der Unternehmensgröße

Exemplarisch für eine häufig geübte Praxis sei die sogenannte Multiple Arbitrage aufgrund der Größe eines Unternehmens dargestellt. Das größere Unternehmen A erzielt beispielsweise ein EBITDA von EUR 100 Mio. und wird in dieser Branche mit einem EBITDA-Multiple von 7 bewertet. Der Unternehmenswert beträgt somit EUR 100 Mio x 7 = EUR 700 Mio. Nun kauft dieses Unternehmen ein kleineres Unternehmen dieser Branche (Unternehmen B) mit vergleichbarer Ausrichtung zu. Unternehmen B erzielt beispielsweise ein EBITDA von EUR 20 Mio. Aufgrund der geringeren Unternehmensgröße ist vielleicht die EBITDA-Marge (Verhältnis EBITDA zu Umsatz in %) geringer und das Unternehmen weniger stabil. Unternehmen B wird daher exemplarisch nur mit einem EBITDA-Multiple von 5 bewertet. Der Wert von Unternehmen B beträgt daher EUR 20 Mio. x 5 = EUR 100 Mio. und es wird daher von Unternehmen A um diesen Preis erworben.

Werden nun beide Unternehmen fusioniert, so beträgt das EBITDA des Gesamtunternehmens (ohne Hebung von Synergien oder sonstige Maßnahmen) EUR 120 Mio. Anzuwenden ist das EBITDA-Multiple des großen Unternehmens von 7. Der Unternehmenswert des fusionierten Unternehmens beträgt damit EUR 120 Mio. x 7 = EUR 840 Mio. Aus dem Kaufpreis für Unternehmen B in Höhe von EUR 100 Mio. wurde somit ein Wertbeitrag für das Gesamtunternehmen in Höhe von EUR 140 Mio. Es hat ein Wertzuwachs von EUR 40 Mio. stattgefunden, der auf größenbedingte Multiple Arbitrage zurückzuführen ist.

Multiple Arbitrage aufgrund von Veränderungen der Supply-Chain

Ein typischer Anwendungsfall der Multiple Arbitrage aufgrund von Veränderungen der Supply Chain eines Unternehmens ist beispielsweise die Wertsteigerung aufgrund der Vereinigung eines Produzenten mit einem Händler innerhalb derselben Branche. Hier werden Teile der Wertschöpfungskette oftmals als attraktiver eingeschätzt als andere. Produzenten können sich häufig stärker strategisch differenzieren als Händler. Während der Produzent mit einem Multiple von 11 bewertet wird, wird der Händler beispielsweise mit einem Multiple von 7 bewertet. Falls der Produzent nun eine Vorwärtsintegration vollzieht (oder der Händler eine Rückwärtsintegration), wird das Unternehmen vom Markt beispielhaft als vollintegrierter Produzent wahrgenommen, womit sich das Produzentenmultiple von 11 auf das Gesamtunternehmen anwenden lässt.

Als markantes Beispiel für derartige Überlegungen sei beispielsweise die Erdölindustrie genannt. Dort dominieren seit geraumer Zeit Präferenzen für vertikal integrierte Unternehmen. Aber auch der gegenteilige Effekt ist vorstellbar und findet in anderen Branchen Anwendung. Bereits seit langem gehen Pharma- und Chemieindustrie getrennte Wege, da dies vom Markt bewertungsmäßig so erwartet wird. Pharma- und Chemieunternehmen sind getrennt beweglicher und reaktionsschneller als vereint. In früheren Jahrzehnten war die Pharmabranche in ihrer Supply-Chain oft rückwärtsintegriert (in die Chemiebranche).

Multiple Arbitrage aufgrund einer branchenmäßigen Repositionierung

Wechselt ein Unternehmen von einer Branche in eine andere (oder von einem Branchensegment in ein anderes) mit einer höheren Marktattraktivität, so verändert sich dadurch auch das Multiple. Übernimmt Google beispielsweise einen Statistikdienstleister, so würde das heute praktisch sofort eine Multiple Arbitrage (Anhebung des Multiple für den Statistikdienstleister) nach sich ziehen. Verschiebt ein Produzent von Fensterglas beispielsweise seinen Produktionsschwerpunkt auf die Produktion von Glas für Bildschirme von Smartphones, so wird der Markt das Wachstumspotenzial im Markt für Smartphones wahrscheinlich höher einschätzen als das im Immobilienbereich. Ein höheres Multiple ist eine wahrscheinliche Folge.

Multiple Arbitrage muss nicht immer nachhaltig sein

Häufig ist die Einschätzung des Marktes hinsichtlich zu bezahlender Multiples modegetrieben und nicht nachhaltig. Dies bedeutet, dass es – wie immer im Leben – unerlässlich ist, die ökonomische Logik nicht nur aus einer Helikopterperspektive zu betrachten, sondern die konkrete Umsetzung nicht aus den Augen zu verlieren. Auch ist die Nachhaltigkeit der Maßnahme – jenseits aktueller Bewertungsexzesse – nicht aus den Augen zu verlieren. Als abschreckendes Beispiel mag die gescheiterte Fusion von America Online und Time Warner dienen, dem von seiner Dimension her bislang wahrscheinlich katastrophalsten Deal aller Zeiten. Ausgangspunkt des Deals war eine beabsichtigte Multiple Arbitrage. Die Fusion zweier Giganten der Medienbranche ist krachend gescheitert. Der profitable Konzern Time Warner aus der „Old Economy“ (mit wenig Phantasie ausgestattet) wurde mit dem damaligen Internetgiganten America Online (viel Phantasie) um eine gigantische Bewertung (vor allem das Dotcom-Unternehmen wirkte bewertungstreibend) zusammengeführt. Synergien schienen auf der Hand zu liegen, konnten aber nie umgesetzt werden. Auch waren die kulturellen Unterschiede zu groß. Nach Platzen der Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende änderten sich auch die Vorlieben am Kapitalmarkt. Eine gigantische Geldvernichtung fand statt.

Reverse Multiple Arbitrage durch werterhöhende Devestition

Wird aus einem Unternehmen ein Teil verkauft, der mit einem höheren Multiple versehen ist als das Gesamtunternehmen, so fließt beim Verkauf dem verbleibenden Unternehmen in Cash mehr zu, als an bisherigem Unternehmenswert abfließt. Der zufließende (relativ hohe) Kaufpreis erhöht sodann den Wert des verbleibenden Unternehmens. Die Wertsteigerung kommt in diesem Fall durch Devestition zustande. Gerade dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, die einzelnen Unternehmensaktivitäten auf ihren Wertbeitrag für das Gesamtunternehmen zu hinterfragen. Gerade scheinbar attraktive Unternehmensteile sind vielleicht Perlen, werden im bestehenden Unternehmen aber möglicherweise unter ihrem Wert geschlagen. Aktives Portfoliomanagement ist angesagt!

 

 

 

 

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