Plattformen „invertieren“ das Unternehmen von innen nach außen

Anders als traditionelle Unternehmen erzeugen Plattformen kaum etwas selbst. Die „Value Creation“ stammt von Plattformpartnern. Die Plattform agiert wie der Dirigent in einem Orchester. Die Sicht auf das Unternehmen „Plattform“ und seine Prozesse werden von innen nach außen „invertiert“.

Was die Invertierung des Unternehmens von innen nach außen bedeutet und dass sie beinahe alle Unternehmensbereiche betrifft, werde ich in diesem Blogpost detailliert darstellen.

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Der organisatorische Aufbau und die Prozesse eines Plattformunternehmens unterscheiden sich markant von denen traditioneller Unternehmen. Damit einher geht auch eine Veränderung der betriebswirtschaftlichen Logik.

Weil Wertschöpfung außerhalb der Plattform stattfindet und von Dritten erbracht wird, ist eine viel schnellere Skalierung möglich, als das bei traditionellen Geschäftsmodellen der Fall ist. Dies wiederum setzt Netzwerkeffekte in Gang. Viele Ressourcen stehen nicht im Eigentum von Plattformen, sie werden aber durch die Plattform „orchestriert“.

Wesentliche Geschäftsbereiche kehren sich bei Plattformen von innen nach außen

Die Invertierung von innen nach außen bedeutet bei Plattform-Geschäftsmodellen mehr als nur eine Verankerung von Kundenorientierung oder die Schaffung von Stakeholder Value in einem Unternehmensleitbild. Nicht die Vision ist entscheidend, sondern die strukturelle Implementierung in der Architektur der Plattform. Sie ist zwingend organisatorisch bedingt. Besonders nachfolgende Bereiche sind von der Invertierung des Unternehmensfokus betroffen:

  • Marketing
  • Personal
  • Operations & Logistik
  • F&E, Innovationsmanagement
  • Informationstechnologie
  • Qualitätssicherung
  • Finanzen und Steuern

Nachfolgend werde ich die Besonderheiten dieser Invertierung von innen nach außen im Einzelnen darstellen.

Marketing

Traditionell werben Unternehmen durch „Broadcasting“. Sie bringen ihre Aussagen zu ihren Kunden. Diese Kommunikationspolitik nennt man „Push-Messaging“. Plattformen ermöglichen Feedbackschleifen innerhalb der Community. Dadurch werden Produkte und Leistungen wesentlich authentischer, variantenreicher und viraler kommuniziert. Diese Form des Marketings nennt man „Pull Messaging“ oder „Inbound Messaging“.

Pull-Marketing oder Inbound Marketing dominieren bei Plattformen die Unternehmenskommunikation. Dies ist eine direkte Folge von Netzwerkeffekten, die durch Plattformen erzeugt werden. Wie sich Konsumentenmarketing diesbezüglich innerhalb der letzten vier Jahrzehnte verändert hat, zeigt folgendes Schaubild modellartig:

Quelle: edx.com, Platform Strategy for Business, Okt. 2018

Beispiele gefällig? Warby Parker verschickt 5 Brillen an User und fordert sie auf, diese in sozialen Netzwerken an Freunde zu posten und Feedback einzuholen. Dadurch wird direkt auch Warby Parker beworben. Tourismusplattformen nützen Reiseberichte und Bewertungen von Gästen, der Content kommt von Kunden.

Personal

Klassisch hierarchische Strukturen mit vielen unternehmensinternen Mitarbeitern werden durch schlanke Plattformstrukturen mit wenigen Mitarbeitern und vielen „externen Mitarbeitern“ (Freelancer, User, Plattformpartner etc.) ersetzt. Diese liefern Beiträge im Form von bezahlter „Contracting-Arbeit“ oder unentgeltlich gegen sogenannte „social currency“, also beispielsweise Likes, positive Bewertungen, Kommentare oder Teilen durch Dritte. Man kann von „Cloud work“ sprechen.

Die Wertschöpfung wird größtenteils durch Personal außerhalb der Firma erzeugt. Nachdem dies alles im Wesentlichen unternehmensextern erfolgt, wandelt sich das Anforderungsprofil an das Management. Weniger das Führen nach innen, sondern das Management von Externalitäten wird zur entscheidenden Managementfähigkeit.

Die Produktivität von Plattformunternehmen ist viel höher als die von Pipelineunternehmen (Unternehmen mit klassischer Supply-Chain, klassischer Organisation und traditionellen Prozessen). Das weitgehende Outsourcing von Human Ressources ermöglicht derartige Produktivitätsgewinne. Beispiele dafür sind Tripadvisor, LegalZoom oder Upwork. Im Branchenvergleich übersteigt die Personalproduktivität von Technologieunternehmen alle anderen bei Weitem. Die Anziehungskraft für seltene Talente ist deshalb besonders groß.

Operations & Logistik

Anders als bei linearen Wertschöpfungsketten erfolgt Einkauf, Produktion und der Vertrieb von Produkten nicht innerhalb der Plattform. Die Plattform bringt nur Angebot und Nachfrage auf qualitätsgesicherter Basis durch effektive „Kuratierung“ zusammen. Deshalb sind der Aufbau und das Management eigener Ressourcen kein Hemmnis für die Skalierung.

Daimler und WalMart sind im Gegensatz dazu derzeit noch Asset-intensive Unternehmen. Apple und Samsung stehen in der Mitte, sie vereinen eigene Operations mit Plattformfunktionen. Die Sharing-Ökonomie steht am anderen Ende des Spektrums. Assets und Produktion befinden sich bei reinen Plattformen außerhalb des Unternehmens. Als Beispiele dafür dienen Uber, Airbnb, area2Invest, Google, Alibaba oder Facebook.

Traditionelle Unternehmen mit klassischer Supply-Chain nennt man auch „Pipeline-Unternehmen“. Bei Pipeline-Unternehmen orientiert sich die Supply Chain an traditionellen Organisationsmustern. Folgendes Schaubild zeigt die Wertschöpfungskette derartiger Pipelines:

Die gesamte Supply-Chain ist bei Pipelines nur so leistungsfähig wie ihr schwächstes Glied. Der Aufbau ist ressourcen- und kapitalintensiv. Demgegenüber lagern Plattformen große Teile der Supply-Chain aus. Sie stellen idealtypisch die Infrastruktur für Transaktionen sowie die Regeln der Zusammenarbeit zur Verfügung.

Quelle: edx.com, Platform Strategy for Business, Okt. 2018

F&E, Innovationsmanagement

Klassische Pipelineunternehmen stützen sich in der Regel auf interne F&E-Teams. Plattformen nützen Open Sourcing und Open Innovation. Marc Andreessen, Netscape Gründer end erfolgreicher Silicon Valley Venture Captialist, hat es einmal so formuliert:

„Eine Plattform ist ein System (…), das an unzählige Bedürfnisse und Marktnischen angepasst werden kann, an die alle die ursprünglichen Plattformentwickler unmöglich denken konnten.“

Daher öffnen sich Plattformen für Innovationen durch externe Parteien. Myspace Gründer DeWolfe erklärte den Niedergang von Myspace folgendermaßen:

„Wir haben versucht, jedes Feature selbst zu entwickeln, da wir uns dazu in der Lage sahen. Wir hätten uns voll auf 5 bis 10 Key-Features konzentrieren sollen und anderen Leuten alle anderen Innovationen überlassen sollen.“

Genau denselben Fehler hat auch Steve Jobs in den 1980er und 1990er Jahren gemacht, wodurch Apple fast zerstört worden wäre. Erst bei seinem zweiten Antreten hat er Open Source dosiert zugelassen und damit Apple groß gemacht. Die Entwicklung von Facebook gegenüber Myspace spricht Bände…

Durch die Hinzunahme Dritter als Innovationspartner steigt die Innovationskurve steiler an und der Value Added steigt. Risikokosten von Innovationen Dritter betragen für die Plattform null Euro, ein Prozentsatz vom Wertbeitrag fremder Innovationen verbleibt aber bei der Plattform. Plattformen eliminieren dadurch das Downside von Innovationen und sichern sich einen Teil des Upside.

Informationstechnologie

Die klassische Kernsoftware vieler Unternehmen bilden ERP-Systeme. Diese sind Back-Office Systeme. Sie werden oft ergänzt um CRM-Systeme, die als Front-Office Systeme die unternehmensinterne Schnittstelle zu den Kunden bilden. Plattformen interagieren nicht nur direkt via Technologie mit ihren Kunden. Sie ermöglichen direkte Interaktionen zwischen ihren Kunden. Social Media ist ein derartiges Beispiel.

Dies könnte man sozusagen als „Out-of-Office Instrumente” für ein Unternehmen bezeichnen. Um eine Anbindung externer Partner zu ermöglichen sind offene und standardisierte Schnittstellen entscheidend. Derartige Interfaces müssen externalisierbar entwickelt werden. Man spricht von sogenannten API´s („Application Service Interfaces“).

Die Anzahl dieser API´s hat direkte Auswirkungen auf das Wachstumstempo innerhalb eines Marktes. Die optimale Nutzung einer matrixartigen Supply-Chain ermöglicht Dritten via IT, zu extern sichtbaren Partnern von Plattformen zu werden. Amazon zeigt deutlich, wie massiv sich geeignete API´s im Wettbewerb auswirken können. Nicht umsonst übertrifft der Unternehmenswert von Amazon den klassischer Retailer bei weitem.

Qualitätssicherung

Nachdem die Leistungserbringung außerhalb der Plattform erfolgt, ist eine effektive Qualitätssicherung unverzichtbar. Diese darf in der Plattform trotz extremer Skalierung keinen Engpassfaktor darstellen. Feedbackschleifen und Reputationssysteme ermöglichen Qualitätskontrolle von außen. Uber und Airbnb bieten beispielsweise die Bewertung sowohl des Anbieters als auch des Kunden an, was automatisch Wohlverhalten begünstigt und dadurch bereits qualitätssteigernd wirkt.

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IT und künstliche Intelligenz ermöglichen Qualitätssicherung von innen. Kuratierung bedeutet, dass die Plattform sicherstellen muss, dass Inhalte und Apps von Plattformpartnern in Ordnung sind und mit den Governance-Regeln der Plattform übereinstimmen. Dies erfolgt beispielsweise durch Menschen, aber auch durch geeignete Filter. Kuratierung geschieht transaktionsorientiert und ist Teil der Qualitätssicherung.

Apples CEO Tim Cook hat sich exemplarisch zum Thema Kuratierung geäußert. Er findet, dass die Firma Inhalte für die Nutzer überprüfen muss und hat sich in einem Interview zur Debatte um die Löschung des verschwörungstheoretischen Podcasts “Infowars” von den Plattformen des Unternehmens geäußert. Seiner Ansicht nach sei, was die Nutzer von Apple wollten, das Bereitstellen einer kuratierten Plattform. “Wir glauben, dass die Nutzer jemanden haben wollen, der für sie die Apps und Podcasts überprüft (…) und auch Menschen, die bei etwas wie Apple News die wichtigsten Geschichten heraussuchen”, so Cook im Interview mit der Nachrichtensendung des Mediums Vice.

Finanzen und Steuern

Während klassische Unternehmen eher kapitalintensiv sind, sind Plattformen fast durchgängig „Asset light“. Das Anlagevermögen zur Produktion von Produkten liegt größtenteils außerhalb der Plattform, das Umlaufvermögen (Lager, Forderungen) ebenso. Der Investitionsbedarf liegt weniger im Betriebsaufbau als im Community-Aufbau. Plattformen sorgen für sinkende Preise, was für viele Branchen disruptives Potenzial birgt.

Etablierte Plattformen kumulieren Cash, brauchen aber nur wenig für den eigentlichen Betrieb. Steuervermeidung war bislang leicht möglich, da kaum physische Produktionsstätten bestehen, das Geschäft aber international ist. Aktuell versucht die Politik der EU, dem zumindest teilweise steuerpolitisch zu begegnen, was nicht einfach sein wird.

Community-Assets werden aktivseitig nicht bilanziert, extrahierte Daten ebensowenig. Damit wird das bilanzielle Eigenkapital systematisch durch die Bildung (zumeist hoher) stiller Reserven reduziert. Der Schwerpunkt im Bereich Rechnungswesen und Finanzierung verlagert sich

  • von Ressourcen, die man besitzen kann, zu Ressourcen, die man beeinflussen kann
  • von Cash Flows zu Communities als (nicht bilanzierte) digitale Assets
  • von klassischer „Ertragsbewertung“ zu „Substanzbewertung von Communities“

Erfolgreiche Plattformen sind nach erlangter Reife wahre Cash-Cows, wie nachfolgendes Schaubild zeigt:

Die Invertierung von innen nach außen erfordert völlig neue Unternehmensstrategien

Die Auswirkung der Invertierung von innen nach außen sind gravierend. Die Strategie von Plattformunternehmen unterscheidet sich fundamental von der klassischer Unternehmen. Darauf werde ich demnächst in einem eigenen Blogpost eingehen.

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