Zessionskredite als Finanzierungsinstrument können gefährlich sein

Den klassischen Zessionskredit gibt es seit Jahrzehnten. Als Finanzierungsinstrument für Unternehmen gehört er zum Standardrepertoire eines Bankers. Für Manager und Unternehmer ist es wichtig, die Varianten und Auswirkungen dieser Finanzierungsform zu kennen. Vor allem in der Krise kann ein Zessionskredit zum Brandbeschleuniger werden.

Ein Zessionskredit ist in der Regel ein Kontokorrentkredit für Unternehmen, der durch „Zessionen“ besichert ist. Diese „Zessionen“ betreffen üblicherweise Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die sicherungsweise und revolvierend an die Bank abgetreten werden. Damit dient der klassische Zessionskredit der Betriebsmittelfinanzierung. Es gibt verschiedenen Arten des Zessionskredites, auf die ich in der Folge eingehen werde. Vom Zessionskredit zu unterscheiden ist das sogenannte „Factoring“ sowie die „Forfaitierung“. Dabei handelt es sich um Finanzierungsinstrumente, die ähnliche ökonomische Zwecke verfolgen, aber sowohl rechtlich als auch bilanziell anders zu betrachten sind.

Nachdem sich die Ausnützung des Kreditrahmens nach der Höhe der jeweils abgetretenen Forderungen richtet, passt sich der Zessionskredit optimal an das Finanzierungserfordernis des Unternehmens an. Hat ein Unternehmen zu einem Zeitpunkt hohe Außenstände, da es zuletzt beispielsweise viele Waren gegen Einräumung eines Zahlungszieles ausgeliefert hat, so steht ein hohes Besicherungspotenzial (in Form von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen) für die Bank zur Verfügung. Entsprechend hoch ist die Möglichkeit des Unternehmens, Liquidität im Rahmen der Kontokorrentausnutzung zu schöpfen. Gehen die Forderungen beim Unternehmen ein, reduziert sich der Finanzbedarf und auch der offene Rahmen – ein selbstregulierendes System.

Was ist eine Zession im rechtlichen Sinn?

Eine Zession (von lateinisch „cessio) bezeichnet im österreichischen, deutschen oder Schweizer Zivilrecht die Übertragung einer Forderung (also einer unkörperlichen Sache) von dem übertragenden Gläubiger (Zedent) auf einen empfangenden Gläubiger (Zessionar), der dann neuer Gläubiger wird. Die Abtretung erfolgt durch einen Vertrag zwischen Zedent und Zessionar. Gegenstand der Zession ist der Anspruch gegenüber dem Schuldner aus der Forderung („Drittschuldner“ oder „Debitor cessus“).

Quelle: https://images.app.goo.gl/8eeGrwjVGo5Yv38Q6, Zugriff am: 09.02.2021

Die Zession ist somit wie die Übergabe einer körperlichen Sache oder die grundbücherliche Eintragung einer Immobilie ein Verfügungsgeschäft („Modus“), das aufgrund eines Verpflichtungsgeschäftes („Titel“, beispielsweise Kauf, Tausch, Schenkung, Sicherungsabrede etc.) vollzogen wird. Durchgeführt wird die Zession durch den Vollzug des Verfügungsgeschäfts. Damit die Zession rechtsgültig zustande kommt, bedarf es eines sogenannten „Publizitätsaktes“. Es muss zumindest theoretisch nach außen erkennbar sein, dass eine Zession stattgefunden hat. Man unterscheidet hier zwischen der „stillen Zession“, der „offenen Zession“ und der „offen bestätigten Zession“, die jeweils unterschiedliche Rechtswirkungen nach sich ziehen. Näheres siehe weiter unten. Auch die Wirkung auf Kunden ist ganz unterschiedlich und kann für ein Unternehmen in der Krise tödlich sein – auch dazu später mehr!

Bei einem Zessionskredit besteht das Verpflichtungsgeschäft darin, dass Forderungen „sicherungsweise“, also zur Besicherung einer Kreditforderung abgetreten werden. Erlischt die Hauptschuld, dann erlischt damit auch automatisch die Sicherungszession („Akzessorietät der Sicherungszession“).

Rechtstechnisch handelt es sich bei der Sicherungszession also um eine Forderungsabtretung unter der Treuhandabrede, dass die Übertragung an den Zessionar zur Besicherung eines Kredites erfolgt, den der Zedent bei diesem hat, und der Zessionar die Forderung(en) im Falle der Rückzahlung des Kredites oder des Wegfalles des Besicherungstitels wieder rückzuübertragen hat.

Es bestehen grundsätzlich keine Formvorschriften, dennoch muss ein sogenannter Publizitätsakt gesetzt werden (dazu später). In jedem Fall bleibt die Schuld dieselbe, und dem Drittschuldner (Debitor cessus) stehen alle Einreden zu (beispielsweise Gewährleistungseinrede, verlängerter Eigentumsvorbehalt, Aufrechnungsmöglichkeit etc.), die er gegen den Altgläubiger hatte. In der Folge werde ich mich im Wesentlichen auf die Abtretung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen beschränken, da diese typischerweise Gegenstand von bankmäßigen Zessionskrediten sind.

Weithin unbekannte Haftungsrisiken bestehen für Geschäftsführer und Vorstände

Geschäftsführer und Vorstände haften für Abgabenschulden im Falle der Uneinbringlichkeit unter gewissen Umständen persönlich! Die Umsatzsteuer ist eine Selbstbemessungsabgabe und damit im Insolvenzfall hinsichtlich einer persönlichen Haftung besonders kritisch. Werden Zessionen an Banken abgetreten und nutzen die Banken diese im Insolvenzfall zur Reduktion ihrer Kredite, so haften (unter bestimmten Voraussetzungen) die geschäftsführenden Organe des insolventen Unternehmens persönlich für diese Abgabenschuld!

So hat das Bundesfinanzgericht erst im Jahr 2014 (Erkenntnis des BFG vom 31.07.2014, RV/7101260/2014) wiederum die Haftung des Geschäftsführers wie folgt bejaht: „Aus den der Beschwerde beigelegten Unterlagen ergibt sich, dass offenbar sämtliche Forderungen der Gesellschaft an die Hausbank zediert waren. Gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt aber auch die Begünstigung anderer Gläubiger durch Schuldtilgungen durch Abtretung von Forderungen (VwGH 13.3.1997, 96/15/0279). Die Abtretung sämtlicher Buchforderungen an ein Kreditinstitut zur Kreditbesicherung (Mantelzessionsvertrag) stellt dann eine Pflichtverletzung dar, wenn der Vertreter damit rechnen muss, durch die Zession dem Vertretenen seine liquiden Mittel zur Tilgung anderer Schulden als der Bankschulden (insbesondere der Abgabenforderungen) zu entziehen (VwGH 28.9.2004, 2001/14/0176).“

Arten von Zessionen – Einteilung nach dem Umfang der Abtretung

Je nach Vereinbarung mit der Bank sind folgende Arten von Zessionstitel zu unterscheiden:

  • Einzelzession:

Bei der Einzelzession bezieht sich die Abtretung auf eine einzelne, ganz konkrete gegenwärtige oder zukünftige Forderung, die abgetreten wird.

  • Rahmen- oder Mantelzession:

Bei einer Rahmen- oder Mantelzessionsvereinbarung verpflichtet sich der Zedent, künftig Forderungen unter näher bestimmten Bedingungen abzutreten. Im Rahmen dieser Verpflichtung bietet sodann der Kreditnehmer der Bank laufend Forderungen an. Durch die Annahme dieser Anbote kommen sodann die einzelnen Abtretungsverträge zustande. Eine typische Formulierung lautet in etwa: „Der Kreditnehmer verpflichtet sich, Forderungen in Höhe von zumindest 150% des jeweils aushaftenden Kreditbetrages abzutreten“. Die Höhe der Belehnung ist natürlich verhandelbar.

  • Globalzession:

Im Wege der Globalzession tritt der Kreditnehmer bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Globalzessionsvereinbarung genau spezifizierte gegenwärtige UND zukünftige Forderungen an die Bank ab. Um die künftigen Forderungen ausreichend konkretisieren zu können, ist es wesentlich, den Personenkreis der Drittschuldner (beispielsweise „alle Forderungen gegen inländische Schuldner“ und/oder den Rechtsgrund der Forderungen „alle Forderungen aus Lieferungen und Leistungen“) zu spezifizieren.

Arten von Zessionen – Einteilung nach dem Umfang der Außenwirkung

Je nach Vereinbarung mit der Bank sind folgende Arten von Zessionsmodi zu unterscheiden:

  • Stille Zession:

Der erforderliche Publizitätsakt wird bei der stillen Zession dadurch gesetzt, dass in den Büchern des Kreditnehmers der sogenannte „Zessionsvermerk“ (auch „Buchvermerk“) gesetzt wird. Die stille Zession ist somit nur bei offenen Buchforderungen möglich. Der Zessionsvermerk unterscheidet sich danach, ob es sich um eine Einzelzession, Rahmen- oder Mantelzession oder Globalzession handelt. Wird der Buchvermerk nicht oder unzureichend gesetzt, so ist die Zession nicht rechtsgültig zustande gekommen! Die Bank nimmt daher – zusätzlich zur normalen Kreditüberwachung – regelmäßige Zessionsprüfungen vor, bei denen sie die Debitorenbuchhaltung des Kunden in Augenschein nimmt. Unterlaufen ihr dabei Fehler, so verliert sie ihre Sicherheiten. Der Drittschuldner weiß nichts von der stillen Zession, die Bonität seines Lieferanten bleibt damit unangetastet. Um so schlimmer ist es dann allerdings, wenn unerwartet ein Schreiben der Bank mit einer plötzlichen Offenlegung einer erfolgten Abtretung beim Drittschuldner einlangt.

  • Offene Zession:

Der Modus wird hier durch die Verständigung des Drittschuldners über die erfolgte Zession gesetzt. Sie kann durch ein eigenes Schreiben des Kreditnehmers an seinen Kunden („Abtretungsanzeige”, “Drittschuldnerverständigung“) oder durch die Versendung einer bereits mit dem Zessionsvermerk versehenen Originalfaktura erfolgen. Die übliche Formulierung lautet in etwa wie folgt: „Rechnungsbetrag zediert an die XY-Bank. Zahlungen mit schuldbefreiender Wirkung sind ausschließlich an die XY-Bank auf Konto …… zu leisten“. Mit Einlangen der Drittschuldnerverständigung beim Debitor cessus kommt die Zession zustande. Er kann mit schuldbefreiender Wirkung nur noch an die angeführte Bank zahlen. Zahlt er anders, kann die Bank neuerliche Zahlung verlangen. Das ist der Hauptgrund, weshalb manche Unternehmen mit ihren Lieferanten sogenannte „Zessionsverbote“ vereinbaren. Dazu jedoch später.

  • Offen bestätigte Zession:

Wird eine Zession offengelegt und anerkennt der Drittschuldner der Bank gegenüber (regelmäßig nur auf deren Aufforderung hin), den Bestand der Forderung, so verliert er die Möglichkeit der „Einreden aus dem Grundgeschäft“, beispielsweise Gewährleistungsansprüche („konstitutives Anerkenntnis“). Erklärt er darüber hinaus noch (wiederum regelmäßig nur auf Anforderung der Bank hin), dass er der Forderung keine kompensablen Forderungen im Aufrechnungswege gegenüberstellt, so spricht man von einem Kompensationsverzicht. Textlich lautet die seitens der Bank vorgegebene Formulierung beispielsweise wie folgt: „Ich anerkenne die an Sie abgetretene Forderung Rechnung Nr. ….. vom ….. im Betrag von EUR …. dem Grunde und der Höhe nach, verzichte auf jedwede Kompensation und verpflichte mich zur Bezahlung derselben ausschließlich an Sie.“

Zessionsverbote und Anfechtungsgefahren sind Gift für Zessionskredite

Ein sogenanntes „Abtretungsverbot“ (lateinisch „Pactum de non cedendo“) ist im Zivilrecht ein Vertrag, der die Abtretung von bestimmten Forderungen verbietet. Ein Zessionsverbot kann auch gesetzlich normiert sein. Dies wird oft deshalb seitens mancher Kunden eines Kreditnehmers verlangt, da sie im Falle einer Offenlegung von stillen Zessionen und einer irrtümlichen Überweisung des Rechnungsbetrages nicht doppelt bezahlen wollen. Ein anderer Grund besteht darin, dass sich international tätige Unternehmen nicht mit den unterschiedlichen Rechtordnungen ihrer Lieferanten auseinandersetzen wollen.

Im Rahmen einer Kunden-Lieferantenbeziehung mag dies verständlich sein. Dennoch kann es den Lieferanten gröblich benachteiligen, wenn der Kunde seine Marktmacht nützt, um dem Lieferanten Finanzierungsmöglichkeiten zu nehmen. In manchen Rechtsordnungen ist ein derartiges Zessionsverbot daher in der einen oder anderen Form eingeschränkt. So gilt beispielsweise in Österreich § 1396a ABGB, der für klassische Forderungen aus Lieferungen & Leistungen das Zessionsverbot einschränkt.

Man spricht im Insolvenzrecht von „Anfechtung“, wenn Banken in bestimmten Situationen Sicherheiten (abgetretene und noch nicht eingegangene Forderungen) oder Zahlungen aus Sicherheiten (beispielsweise Zahlungseingänge aus zedierten Forderungen) wieder herausgeben müssen. Dieses Damoklesschwert ist beim Zessionskredit besonders ausgeprägt. Wenn man bedenkt, dass der Kontenumsatz auf dem Kontokorrentkonto bei der Hausbank innerhalb einer mehrmonatigen Periode zumeist deutlich über dem eingeräumten Kreditrahmen liegen kann, wird klar, warum Banken in einer Unternehmenskrise bei Zessionskrediten besonders schnell nervös werden. Der Schaden, den die Bank durch Herausgabe von Eingängen auf dem Konto erleiden könnte, kann in Kombination mit dem Verlust der noch bestehenden „Zessionen“ den eingeräumten Kreditbetrag deutlich übersteigen.

Auswirkungen einer Offenlegung stiller Zessionen

Zessionskredite werden zumeist „still“ gestioniert. Im Außenverhältnis ist das für den Kreditnehmer angenehm, da er seinen Kunden gegenüber (anders als es in Regel beim Factoring der Fall ist) nicht darlegen muss, dass er seine Forderung an eine Bank abgetreten hat. Dieser „Vorteil“ kehrt sich aber in einen Nachteil, wenn die Bank plötzlich von sich aus die Zession gegenüber den Drittschuldnern offenlegt (und damit die „stille Zession“ in eine „offene Zession“ verwandelt oder sogar eine „Bestätigung“ des Drittschuldners einfordert und damit eine „offen bestätigte Zession“ anstrebt. Sollte ein Finanzengpass oder eine Unternehmenskrise auftreten, so ist daher besondere Sorgfalt geboten.

Da der Drittschuldner von der stillen Zession nichts weiß, kann er mit schuldbefreiender Wirkung auch direkt an den Kreditnehmer der Bank zahlen, beispielsweise auf ein Konto bei einer anderen Bank. Der Kreditnehmer ist dann zwar zur Herausgabe des Zahlungseinganges verpflichtet, kann dieser Verpflichtung aber nur nachkommen, wenn die andere Bank das auch zulässt. Gerade in einer Unternehmenskrise ist das nicht zu erwarten. Oft werden auch absichtlich Zahlungen rechtswidrig umgeleitet.

Die stille Zession ist aufgrund der für die Bank schwierigen Gestion nur dort möglich, wo ein funktionierendes Rechnungswesen und ein gewisses Minimalvertrauen in die Person des Kreditnehmers gegeben ist. Nicht selten musste die Bank besonders in einer Unternehmenskrise feststellen, dass aus unerfindlichen Gründen plötzlich Zessionsvermerke nicht mehr korrekt in der Buchhaltung aufscheinen oder die Forderungen aus Lieferungen & Leistungen zwar bezahlt worden sind, aber nicht auf dem entsprechenden Konto des Kreditnehmers bei dieser Bank eingegangen sind.

Im Falle der Offenlegung der bislang still gestionierten Zessionen weiß der Kunde plötzlich, dass sein Lieferant das Vertrauen der Bank verloren hat oder in einer wirtschaftlichen Krise steckt. Ein „unsicherer“ Lieferant stellt aber ein beträchtliches Risiko dar. Ein unter Druck befindlicher Lieferant verliert zumindest seinen Verhandlungsspielraum bei Preisgesprächen und Nebenbedingungen, wenn er nicht die Kundenbeziehung direkt und unmittelbar verliert. Die Unternehmenskrise endet damit häufig tödlich. Daher überlegt es sich jede Bank zweimal, bevor sie einen derartigen Schritt setzt. Umgekehrt kann sie ihren Kreditnehmer auch unter Druck setzen, weitere Sicherheiten beizubringen, um eine Offenlegung der Zessionen zu verhindern. Im wahrsten Sinne des Wortes wirkt der ansonsten problemlose Zessionskredit dann als Brandbeschleuniger. Andere Banken des Kreditnehmers werden – ebenso wie Kreditversicherer und Auskunfteien – sehr schnell mitbekommen, dass die Hausbank des Kunden offenbar „Feuer am Dach sieht“. Eine Abwärtsspirale kann sehr schnell letal enden.

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