Das Thema Unternehmensnachfolge beschäftigt Unternehmer zumeist dann massiv, wenn eine konkrete Nachfolgesituation ins Haus steht.
So vielfältig familiäre Situationen sein können, so vielfältig sind auch Nachfolgelösungen. Zumeist ist es in Familienunternehmen eine zutiefst private und persönliche Entscheidung, wie und wann ein Unternehmer sein Vermögen – und der häufig größte Teil davon ist das Betriebsvermögen – innerhalb der Familie verteilt. Wurde ein Unternehmen nicht bereits seit Generationen familienintern weitergegeben, so fehlt zumeist auch die persönliche Erfahrung mit dieser Entscheidungssituation, die ebenso einzigartig wie auch von gravierender Bedeutung ist.
Typische Fragestellungen in Familienunternehmen sind beispielsweise:
- Soll Ihr Unternehmen an einen Erben gehen oder wollen Sie mehre Erben zukünftig als Gesellschafter im Unternehmen haben?
- Ist Ihr Sohn / Ihre Tochter / Ihr sonstiger Erbe willens und in der Lage, das Unternehmen zu führen?
- Wie werden die übrigen Erben ausbezahlt, belastet dies das Unternehmen zu sehr?
- Kann es gelingen, die emotional-familäre Ebene mit betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten in Einklang zu bringen
- Soll das Unternehmen als Ganzes erhalten bleiben oder kann man es aufteilen?
- Was ist, wenn eine Nachfolgesituation plötzlich und unerwartet auftreten sollte?
- Bedarf es einer Übergangsfrist für die Nachfolge?
- Wie wirkt es sich auf die Familie aus, wenn Sie einen Nachfolger frühzeitig als solchen installiere?
- Welche Auswirkungen sind innerbetrieblich zu erwarten?
- Sollten Sie bereits Jahre vor der Übergabe sukzessiv auf ein externes Management setzen?
- Ist eine Stiftung ein geeignetes Instrument, um das Unternehmen in seiner Gesamtheit zu erhalten?
- Ist es vielleicht besser, das Unternehmen als Ganzes oder zumindest Teile davon zu verkaufen, um die Vermögensaufteilung leichter bewerkstelligen zu können?
- Wie können Sie einem Nachfolger ein überschaubares und tragbares Risiko hinterlassen, mit dem er auch persönlich nicht überfordert ist?
- Sind Sie persönlich wirklich gewillt, die Weichen endgültig zu stellen?
- Sind Sie persönlich bereit dazu, den Nachfolger die unternehmerische Zukunft bereits Jahre vor Ihrem Ausscheiden nach seinen Vorstellungen gestalten zu lassen?
- Welche juristischen Aspekte sind zu beachten?
- Welche steuerlichen Aspekte sind zu beachten?
- Wie lassen sich betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten und persönliche Motive unter einen Hut bringen?
Natürlich gibt es zu keiner dieser Fragen ein Patentrezept. Ich möchte eine reale Geschichte erzählen, die ich persönlich mitgestalten durfte. Ich kannte ein Unternehmen bereits seit Jahren, es handelte sich um ein Produktionsunternehmen, das anlässlich seiner Gründung dazumal in Österreich vom Unternehmer quasi in einer Garage gegründet worden war. Der Unternehmer war ein Techniker, der mit viel Herzblut attraktive Produkte entwickelt und erfolgreich vermarktet hatte. Die Eigenkapitaldecke war gering, wie es bei KMU häufig der Fall ist. Aufgrund einer guten unternehmerischen Leistung war das Unternehmen profitabel, konnte aufgrund einer nicht untypischen Fremdkapitalbelastung aber nur in überschaubarem Rahmen wachsen, obgleich der Markt durchaus attraktiv war. Der Großteil des Umsatzes wurde mit einem Abnehmer aus Deutschland erzielt, der in dieser Branche als Händler mit einer breiten Produktpalette tätig und deutlich größer als das österreichische Produktionsunternehmen war.
Als ich schließlich ein Private-Equity-Unternehmen gegründet hatte, kam ich mit dem Unternehmer erneut ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass dieser die Nachfolge frühzeitig regeln wollte. Er suchte einen pragmatischen Weg, der sowohl für die betriebliche Situation angemessen als auch der Harmonie in der Familie zuträglich war. Aus meiner beruflichen Erfahrung in zahlreichen Nachfolgesituationen wusste ich, das eines für das Gelingen entscheidend ist: Den weisen Mann erkennt man daran, dass er loslassen kann. Dass dies nicht leicht fällt, wenn Sie ein Unternehmen aufgebaut und so manches Hoch und Tief durchgestanden haben, ist klar. Es erfordert eine gewisse Größe, andere ans Ruder zu lassen, auch wenn zu erwarten ist, dass der Nachfolger manches anders machen wird. Der Unternehmer hatte diese Größe.
Es gab zwei Söhne, von denen einer für die Nachfolge vorgesehen war. Der andere Sohn sollte auch vermögensmäßig bedacht werden. Allerdings war klar, dass aus einer betrieblichen Perspektive der vorgesehene Nachfolger das Unternehmen führen sollte. Eine 50:50-Beteiligung wäre möglicherweise langfristig ein problematischer Weg in familiäre Turbulenzen gewesen. Das Unternehmen mit Schulden derart zu belasten, dass eine faire Auszahlung möglich gewesen wäre, war betrieblich nicht sinnvoll, zumal das Unternehmen wachsen sollte. Der Unternehmer wollte die Verantwortung schrittweise abgeben, sich aber gleich aus der Geschäftsführung zurückziehen. Eine Doppelgeschäftsführung hätte möglicherweise ein Spannungsfeld erzeugt, das sich bei geschäftlichem Dissens ergeben hätte können. Familiäre Entscheidungsmechanismen gehorchen anderen Gesetzmäßigkeiten als betriebliche, dies war dem Unternehmer klar. Und er wollte seine funktionierende Familie keiner Belastungsprobe aussetzen.
Der Unternehmer entschied sich nach sorgfältigem Abwägen des Für und Wider dazu, einen Finanzinvestor mit einem Minderheitsanteil in Form einer Kapitalerhöhung an Bord zu holen, den Sohn als Geschäftsführer zu installieren und den Investor als familienexternes betriebswirtschaftliches Korrektiv einzubinden. Die Kapitalzufuhr sollte dem Unternehmen zu einem Wachstumskurs verhelfen, der den Unternehmenswert binnen weniger Jahre derart erhöhen würde, dass eine familiäre Vermögensaufteilung möglich wurde. Auch ein Unternehmensverkauf wurde für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Schließlich zeigte sich, dass der Unternehmer die goldrichtige Entscheidung getroffen hatte. Die Fortsetzung der Geschichte wird zeigen, wie sich eine weitere familiäre Nachfolgesituation einer befreundeten Unternehmerfamilie in Kombination mit der soeben geschilderten hat lösen lassen…