Die Blockchain-Datenstruktur

Wer verstehen will, warum die Blockchain das Potenzial hat, disruptive Veränderungen hervorzurufen, der sollte wissen, wie Daten in der Blockchain organisiert sind. Die Blockchain ist eine besondere Datenbank. Eine Datenbank, die das Internet der Informationen ins Internet der Werte transformiert – mit disruptivem Potenzial.

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Warum kann eine Datenbank als Peer-to-Peer-System funktionieren? Weil vor rund 10 Jahren die Blockchain mit Bitcoin eine erste Anwendung fand, die sicher und weltumspannend anwendbar ist. Und zwar ist sie es auch dann, wenn es keine Autorität gibt, die das System schützt und administriert. Es liegt an verschiedenen Dingen, dass das funktioniert. Der Kern jeder Datenbank ist aber die Datenstruktur, die Integrität jederzeit sicherstellen muss.

Die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) formuliert das so: Blockchains sind fälschungssichere, verteilte Datenstrukturen, in denen Transaktionen in der Zeitfolge protokolliert, nachvollziehbar, unveränderlich und ohne zentrale Instanz abgebildet sind. Mit der Blockchain-Technologie lassen sich Eigentumsverhältnisse direkter und effizienter als bislang sichern und regeln, da eine lückenlose und unveränderliche Datenaufzeichnung hierfür die Grundlage schafft.

Wie kann man sich die Datenstruktur der Blockchain vorstellen?

Büchereien sind wahre Fundgruben von Wissen. Früher – seltener auch noch heute – wurde die Verwaltung der Bücher über Karteikarten vorgenommen. Diese Karteikarten wurden in Karteikästen zusammengefasst und stellten so etwas wie einen Buchkatalog dar. Jede Karteikarte repräsentiert ein Buch. Dort wird der Autor, der Buchtitel, das Erscheinungsdatum, der Verlag sowie sein Standort in der Bücherei, beispielsweise sein Regalplatz vermerkt. Die Karteikarten enthalten auch noch eine eindeutige Referenznummer, die die eindeutige Identifikation des Buches ermöglicht. Diese Referenznummer findet sich dann auch noch am Buchrücken. Mehrere derartiger Buchkataloge ermöglichen schließlich ein alphabetisches Suchen nach Autoren, nach Buchtiteln sowie auch nach dem Datum der Aufnahme des Buches in die Bücherei. Zumeist existiert dann auch noch ein Karteikasten, der angibt, wann das Buch an wen verliehen wurde. Diesem Verzeichnis ist dann quasi die “Transaktionsdatenhistorie” zu entnehmen.

Genau das soll auch im Rahmen der Blockchain festgehalten werden. Denn das Ziel der Blockchain besteht darin, die gesamte Transaktionsdatenhistorie in sortierter Weise zu speichern. Dies alles erfolgt so, dass die Reihenfolge der Transaktionen erhalten bleibt und die Veränderung von Daten schnell und sicher erkannt werden kann. Damit jede Änderung am Sortierkatalog oder an den Transaktionsdaten erkannt werden kann, werden die Daten schließlich mit Hilfe von Hashreferenzen “veränderungssensitiv”  gespeichert.

Jene Objekte, um die es in einer Bücherei geht, sind Bücher. Sehen wir uns nun einmal an, wie Bücher aufgebaut sind. Sie bestehen aus einzelnen Seiten, auf denen Inhalte festgeschrieben sind. Die Sätze auf diesen Seiten sowie die Seiten des Buches befinden sich in einer festen Reihenfolge. Die Seiten sind nummeriert und noch dazu fest mit dem Buchdeckel verklebt und damit verbunden. Dadurch wird auf doppelte Art und Weise für Ordnung gesorgt. Bei einer Loseblattsammlung fehlt der Buchdeckel, dennoch ist über die Art der Nummerierung eine Reihenfolge festgelegt. Das gilt aber nur, wenn die Nummerierungslogik feststeht. Nicht immer steht die Nummerierungslogik fest. Bei Gesetzestexten kann es beispielsweise vorkommen, dass die Nummerierung der Paragraphen und Absätze vorher nicht absehbar ist. Es folgt auf die durchnummerierten Paragraphen §1, §2, §3 plötzlich ein Paragraph §3a, bevor es dann wieder mit §4 weitergeht. In diesem Fall wäre es nötig, bei jedem Paragraphen einen Verweis auf den nächsten oder den vorherigen Paragraphen anzumerken, falls das Gesetzeswerk beispielsweise als Loseblattsammlung vorliegt und nicht fest durch einen Buchdeckel verbunden ist.

Aus der Veränderung eines Buches entsteht eine Vorstellung der Blockchain

Eine Buchseite enthält zunächst einen Inhalt sowie eine Seitenbezeichnung. Wir haben bereits gehört, dass ein Verweis auf die vorausgegangene Seite zusätzlich nötig ist, falls die Nummerierungslogik nicht feststeht. Eine derartige Referenz auf die vorhergehende Seite findet im Rahmen der Blockchain tatsächlich statt. Dadurch ist es möglich, im Beispiel des Buches wie auch innerhalb der Blockchain immer weiter zurückzublättern. Und der Inhalt unserer Buchseite wird nun auch ausgelagert und durch eine Referenznummer ersetzt, die auf den Inhalt verweist. Was wurde durch all diese Auslagerungen nun aber erreicht? Das Buch ist zu einer kleinen Bibliothek geworden. Es hat sich zu einem Buchkatalog verwandelt, der nur mehr für die Aufrechterhaltung der Reihenfolge der Inhalte verantwortlich ist. Die Inhalte der Buchseiten selbst sind „ausgelagert“ und über eindeutige Inhaltsreferenzen auffindbar.

In einem weiteren Schritt werden nun die Seitenanzahlen durch Referenznummern ersetzt. Das geschieht automatisch auch mit dem Verweis auf die vorausgegangene Seite, weil diese ja auch nur mehr als Referenznummer existiert. Als derartige Referenznummern werden kryptographische Hashwerte verwendet.

Wird in unserem Beispiel mit dem Buch nun auch noch der Buchrücken entfernt, so verwandelt sich dieses in eine Loseblattsammlung, die dennoch eine exakte Reihenfolge der Seiten beinhaltet. Dies ist deshalb der Fall, da man immer um jeweils ein Blatt zurückgehen kann. Der Verweis auf die Vorgängerseite macht es möglich. Wichtig ist nur, dass die jeweils letzte Seite als Ausgangspunkt für das Zurückblättern getrennt aufbewahrt wird.

Testen wir es praktisch aus und sehen wir uns das Ergebnis an

Ausgangspunkt des Praxisbeispiels sind zwei Buchseiten mit (vereinfacht) jeweils nur wenig Text. Auf Seite 28 steht der Text Guten Morgen! , auf Seite 29 steht der Text Haben Sie gut geschlafen? .

 

So könnte jederzeit ein typisches Buch aussehen. Dieses Buch wird nun entsprechend dem oben dargestellten Prozedere „transformiert“. Als Ergebnis erhalten Sie Buchseiten mit Referenznummern und ausgegliedertem Text. Die erzeugten (vereinfachten) Hashwerte lassen sich jederzeit auch praktisch nachvollziehen.

Gehen Sie dazu auf die Website http://www.blockchain-basics.com/Hashing.html und versuchen Sie es! Wichtig ist, dass sie den inhaltlichen Text wirklich exakt (!) so eingeben, wie er im Beispiel angeführt ist, also ohne weitere Leerzeichen, Anführungszeichen oder Ähnliches.

Sie können durch Eingabe nachvollziehen, dass die Seitenreferenznummer A2889091 sich durch Anwendung der Hashfunktion auf die kombinierten Hashwerte für die vorherige Seite D0C57891 und die aktuelle Inhaltsreferenznummer C0D2419F ergibt. Also: Die Seitenreferenznummer A2889091 erscheint als Output der Hashfunktion, wenn Sie als Input den Wert D0C57891 C0D2419F eingeben und sodann die Hashfunktion rechnen lassen.

Das Ergebnis ist vereinfacht dargestellt die Blockchain-Datenstruktur

Aus dem klassischen Buch sind nun also zwei miteinander logisch über eindeutige Referenznummern verbundene Loseblattsammlungen geworden. Eine enthält den Inhalt der Buchseiten, die andere dient der chronologischen Sortierung. Der Inhalt ist also von der Sortierung getrennt. Die Korrektheit der Hashwerte als Referenznummern kann von jedermann durch erneutes Berechnen überprüft werden. Der Konsensmechanismus  stellt in Zusammenwirken mit den anderen Sicherheitstools die Integrität der Blockchain sicher.

Das über die vorher dargestellten Schritte veränderte Buch besteht also aus:

  • einer logischen Verbindung einer Seite im Sortierkatalog mit einer Inhaltsseite
  • einer Loseblattsammlung namens „Sortierkatalog“
  • einer Loseblattsammlung, die die Inhalte enthält
  • Seitenreferenznummern für die aktuelle Seite und die Vorgängerseite im Sortierkatalog
  • Inhaltsreferenznummern für die Inhaltsseiten aus dem Sortierkatalog heraus

In der Sprache der Blockchain-Datenstruktur stellt jede Seite im Sortierkatalog einen Block-Header dar. Die gesamte Blockchain-Datenstruktur ist sodann die Kette der Block-Header samt aller Inhaltsseiten, wobei der Sortierkatalog und die Inhaltsseiten physisch klar getrennte Entitäten sind. Referenznummern sind Hashwerte von Block-Headern. Eine Inhaltsseite ist als sogenannter Hashbaum mit Transaktionsdaten (=Inhalte) aufgebaut, wobei die Inhaltsreferenznummer die Wurzel des Hashbaumes darstellt.

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Wie erfolgt nun also das Speichern von Transaktionen in der Blockchain-Datenstruktur?

In der nachfolgenden Darstellung ist der Block 1 der allererste Block in der Blockchain. Es gibt daher keinen Vorgängerblock und damit enthält der Block-Header 1 auch keine Referenz auf einen vorhergehenden Blockheader. Die Wurzeln der beiden separaten Hashbäume heißen R12 und R34. Dargestellt werden also hier 4 Transaktionen, auf welche die Hashreferenzen R1 bis R4 verweisen. Die Referenz B2 auf den zuletzt hinzugefügten Block-Header heißt „Kopf“. An dieser Stelle wird der nächste Block hinzugefügt. Viele Blöcke samt Header bilden die Blockchain, sie verfügt aber nur über einen Kopf.

 

Vereinfachte Blockchain-Datenstruktur mit vier Transaktionen
Quelle: Dreschner, D. “Blockchain Grundlagen”, S. 138, Abb. 14.5.

 

Die Blockchain-Datenstruktur ist also einfach und kompliziert zugleich. Bestechend sicher wird sie erst in Zusammenhang mit den anderen Sicherheitsfeatures, die die Blockchain-Technologie als Querschnittsmaterie ausmachen.

Die Sichtweise auf die Blockchain erfolgt daher je nach Perspektive unterschiedlich

Für den Informatiker ist die Blockchain eine einfache Datenstruktur, die Daten in einzelnen „Blöcken“ verkettet und in einem verteilten Netz von Computern redundant (mehrfach) verwaltet. Die dezentrale Struktur unterscheidet sie dabei im Wesentlichen von einer konventionellen Datenbank.

IT-Sicherheitsexperten sehen den wesentlichen Vorteil der Blockchain darin, dass Daten in den einzelnen Blöcken manipulationssicher gespeichert werden können. Sämtliche Netzwerkteilnehmer sind in der Lage, die Echtheit, die Herkunft und die Unversehrtheit der Daten zu überprüfen. Und das alles funktioniert ohne zentrale Instanz. Als Alternative käme beispielsweise ein sogenanntes PKI-System (Public-Key-Infrastructure) in Frage.

Der Anwendungsdesigner sieht in der Blockchain ein Instrument zur Zusammenarbeit unterschiedlicher Netzwerkteilnehmer ohne die Notwendigkeit von vermittelnden Instanzen wie Intermediären (Banken, Notare etc.). Damit können durch die Nutzung dieser Technologie nicht vertrauenswürdige Netzwerkteilnehmer vertrauensvoll zusammenarbeiten. Dadurch entsteht die Möglichkeit, alles schneller, sicherer und billiger zu machen.

Die Blockchain verkörpert „programmiertes Vertrauen“

Programmiertes Vertrauen entsteht dadurch, dass Blockchains

  • aufgrund kryptographischer Verfahren fälschungssicher sind
  • verteilte redundante Datenstrukturen bei vielen Teilnehmern gespeichert sind
  • Ausfallssicherheit aufgrund des verteilten Systems gegeben ist
  • durch die Art der Verkettung die Transaktionshistorie chronologisch protokolliert ist
  • die Nachvollziehbarkeit und Unveränderlichkeit Vertrauen für alle schafft
  • das System grundsätzlich nicht zensierbar ist
  • Konsensmechanismen wie Proof-of-Work zentrale Autoritäten entbehrlich machen

All dies macht das Technologiepaket der Blockchain so einzigartig. Und die Blockchain-Datenstruktur ist das wichtigste Element in diesem Technologiepaket. Dadurch werden sozioökonomische Effekte erzeugt, die weit über rein technologische Aspekte hinausgehen. Das disruptive Potenzial der Blockchain resultiert aus ihrer Architektur, wird sich aber über eine Vielzahl von realwirtschaftlichen Anwendungen in den nächsten Jahren manifestieren. Kryptowährungen sind nur die ersten Anwendungen davon. Obwohl alles noch in den Anfängen steckt, sind die Auswirkungen bereits heute enorm.

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