Manager werden von den verschiedensten Motiven angetrieben. Das Prinzipal-Agent-Problem lässt sich nicht wegdiskutieren. Es lässt sich aber steuern: durch geeignete Führungs- und Anreizsysteme. Zum Wohle der Gesellschafter und zum Wohle der Manager. Dazu müssen die Interessen synchronisiert werden.
Steht ein Unternehmer an der Spitze seines Unternehmens und führt er dieses auch als Manager, so sollten keine Interessenkonflikte auftreten, die aus der unterschiedlichen Rolle als Eigentümer und Manager resultieren. Anders stellt sich dies dar, wenn Unternehmen von Managern geführt werden. Das sogenannte „Principal-Agent-Problem“ tritt in diesem Zusammenhang auf. Dadurch, dass Eigentum am und Gestaltungsmacht im Unternehmen auseinanderfallen, entstehen unterschiedliche Interessenslagen, die aus den verschiedenen Rollen und den damit zusammenhängenden Motiven resultieren.
Der Manager, insbesondere der Topmanger an der Spitze des Unternehmens, bezieht zumeist einen Gehalt und erhält oft eine zusätzliche variable Vergütung, zumeist in Form einer Prämie. Diese Art der Vergütung erstreckt sich dann allenfalls auch noch auf weitere Managementebenen. Rein monetär erhalten Manager damit eine teils fixe und teils variable Vergütung. Außer der variablen Vergütung besteht somit für Manager häufig kein finanzielles Verlustrisiko, dafür aber ein Jobrisiko. Insbesondere eine Reduktion des Unternehmenswerts, der den Unternehmer bzw. die Gesellschafter trifft, tangiert die Vermögenssphäre von Managern – soweit sie nicht beteiligt sind – nicht direkt.
Manager sehen sich mit unterschiedlichen Interessen konfrontiert
Um ein Unternehmen erfolgreich führen zu können, müssen Manager unterschiedliche Interessen unter einen Hut bringen. Einerseits sind es die Erwartungen der Eigentümer, die es zu erfüllen gilt. Es sind aber auch die Interessen von Geschäftspartnern, beispielsweise von Banken, Kunden und Lieferanten, die zu berücksichtigen sind. Auch unternehmensintern darf nicht übersehen werden, dass verschiedene Abteilungen, Sparten, Profitcenter und auch starke Einzelpersonen jeweils auch eigene Interessen verfolgen, durchaus im „berechtigten“ Glauben, das Beste für das Unternehmen und für sich selbst durchsetzen zu wollen. Und dann hat der Manager natürlich auch eigene Interessen, die er verfolgt. Dies ist zutiefst menschlich und auch legitim. Wesentlich ist nun, dass geeignete Führungs- und Anreizsysteme sowohl für den Topmanager als auch für andere Managementebenen diesen Aspekten Rechnung tragen. Es geht darum, möglichst viele Interessen unter einer gemeinsamen Zielsetzung zu vereinen und die unterschiedlichen Anspruchsgruppen ins selbe Boot zu holen. Nachfolgende Animation (Dauer etwa 5 Minuten) soll das exemplarisch auf humoristische Art und Weise verdeutlichen:
Die Ausrichtung von Anreizsystemen an der Entwicklung des Unternehmenswerts
Eine Ausrichtung der Anreizstrukturen am Ziel der Steigerung des Unternehmenswerts trägt den unterschiedlichen Interessen verschiedener unternehmensinterner Anspruchsgruppen Rechnung. Sie holt gleichsam viele ins gleiche Boot. Vor allem auch die Eigentümer und Manager des Unternehmens. Selbst unternehmensexterne „Stakeholder“ wie die öffentliche Hand und Banken profitieren von einer langfristigen Ausrichtung des Unternehmens in Richtung Steigerung des Unternehmenswerts. Daher sollten sich Führungs- und Anreizsysteme für Manager primär an dieser Zielsetzung orientieren.
Führungsmodelle unterscheiden sich von Branche zu Branche und von Unternehmen zu Unternehmen. Wie Führungsstile sind sie auch kultur- und personenabhängig. Manager und Mitarbeiter sind in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen des Unternehmens mit unterschiedlicher Verantwortung und Möglichkeiten der Einflussnahme aktiv. Immer aber sind es Menschen, die den Erfolg eines Unternehmens bestimmen. Die Art der Führung dieser Menschen lässt sich daher nicht über einen Kamm scheren. Als verbindende Klammer sollte jedenfalls das Leitziel der Unternehmenswert-Steigerung (schauen Sie sich unser interessantes Video zum Thema an) zum Tragen kommen.
Werden Incentivierungsmodelle derart ausgestaltet, dann wird schnell klar, dass das Management (und allenfalls auch die Mitarbeiter) anhand dieses übergeordneten Ziels motiviert, belohnt bzw. mit negativen Anreizen von bestimmten Verhaltensweisen abgehalten werden sollen. Die konkrete Ausgestaltung hat sich also zumindest teilweise am Ziel der Unternehmenswert-Steigerung zu orientieren. Da Menschen und nicht abstrakte Institutionen Ziele anstreben und erreichen, sind Führungs- und Anreizsysteme zentrale strategische Werttreiber.
Shareholder-Orientierung der Unternehmenspolitik ist nicht gleichzusetzen mit Shareholder Value
Unternehmer werden intrinsisch zumeist von anderen – durchaus persönlichen – Motiven angetrieben als rein betriebswirtschaftlichen. Es sind dies häufig Motive wie persönliche Freiheit, Sicherheit, Erfolg oder Reputation. Auch Überlegungen der Familiennachfolge, der Versorgung der Kinder, der Vermögensdiversifikation bzw. –absicherung oder sonstige Motive (religiöse oder gesellschaftspolitische Werte) können eine Rolle spielen. Der Aufbau eines betrieblich genutzen Immobilienvermögens (z.B. als spätere Pensionsvorsorge für den Unternehmer) tritt in der Praxis häufig als Motiv auf. Ebenso die getrennte Schaffung von Profitcentern oder strategischen Geschäftseinheiten, um für mehrere Familiennachfolger unterschiedliche Betätigungsfelder in der Zukunft zur Verfügung zu haben.
Diese Motive sind selten im Unternehmen transparent und schwer für unternehmensinterne Zwecke betriebswirtschaftlich zu operationalisieren. Aber selbstverständlich finden sie Eingang in strategische Entscheidungsprozesse. Anreizsysteme sollten diesen für den Eigentümer überaus wichtigen Aspekten aber ebenfalls Rechnung tragen. Dies geschieht durch zusätzliche Ziele, die neben der Unternehmenswert-Steigerung ihren Niederschlag in den Incentivierungsmechanismen finden. Oder aber Shareholder-Motive werden in „Rahmenbedingungen“ des unternehmerischen Handelns übersetzt und damit Wertmaximierung unter diesen Rahmenbedingungen ermöglicht.
Eine Vergütungslogik, die vor allem auf Umsatz, Deckungsbeitrag, Marktanteil oder Gewinn des Unternehmens abstellt, trägt der Shareholder-Orientierung der Geschäftspolitik daher nur unzureichend Rechnung. Die Zielkongruenz von Anreizsystemen und Wertsteigerungsstrategien unter Berücksichtigung der jeweiligen Shareholder-Orientierung ist aber entscheidend, um nicht permanent Zielkonflikte der Manager mit den wahren Intentionen der Eigentümer auszulösen. Eine zumindest teilweise Koppelung von Anreizsystemen an die erzielte Unternehmenswert-Steigerung ist aber erforderlich, um auch einer reinen betriebswirtschaftlichen Logik Rechnung zu tragen.
Anreizsysteme sollten auch die persönliche Zielerreichung berücksichtigen
Einerseits sollten die Globalziele Unternehmenswert-Steigerung und Shareholder-Orientierung ihren Niederschlag in der Ausgestaltung von Anreizsystemen finden. Andererseits ist aber zu berücksichtigen, dass nicht jeder Begünstigte gleichermaßen Einfluss auf diese Globalziele nehmen kann. Deshalb entspricht es geübter Praxis und ist auch sachgerecht, dass das individuelle Anreizsystem mit persönlicher Zielerreichung im konkreten Tätigkeitsbereich gekoppelt wird. Der Finanzvorstand eines Unternehmens hat einen anderen Tätigkeitsschwerpunkt als der Leiter der Qualitätssicherung. Der Vertriebsvorstand wiederum dreht im Unternehmen an anderen Schrauben als der Personalchef.
Verantwortung für den Unternehmenswert tragen alle, aber Incentivierung soll sich immer auch wesentlich an der individuellen Leistung einer Person orientieren, ohne das gemeinsame Ganze aus den Augen zu verlieren. Das Einbeziehen von wertorientierten Kennzahlen – funktionsabhängig in unterschiedlichem Ausmaß – ist daher geboten, sollte aber nicht alleine für sich stehen.
Relevant in diesem Zusammenhang ist auch die Beeinflussbarkeit der Bemessungsgrundlage durch den Manager, ebenso die Messbarkeit, Verständlichkeit und Kommunizierbarkeit der gewählten Kennzahlen. Wichtig ist auch der Betrachtungszeitraum (quartalsweise, jährlich oder Mehrjahresdurchschnitt) sowie der Auszahlungsmodus (z.B. zeitlich gestaffelt oder laufend, bar oder in Finanzinstrumenten).
Auch qualitative Anreizsysteme haben einen Reiz
Das Anreizsysteme auch nicht-monetärer Natur sein können, ist weitum geübte Praxis. Beförderungen, innerbetriebliche oder „öffentliche“ Auszeichnungen (z.B. in öffentlichen Medien), Berufstitel, Verleihung von Prokuren oder Organfunktionen oder die Aufnahme in wichtige Unternehmensgremien wie Strategiekommissionen sind typische Beispiele dafür. Qualitative Anreizsysteme können sich auf ein Individuum beziehen oder eine Gruppe von Menschen betreffen. Gerade gruppenbezogene Anreizsysteme erzeugen häufig eine starke soziale Kontrolle („Peer Pressure“) und festigen den Teamgeist.
Derartige Anreize können intrinsische Motive der betroffenen Personen ansprechen wie beispielsweise Ansehen, Vorbildwirkung, Prestige oder Gruppenloyalität. Insbesondere japanische Manager sind legendär dafür, wie wichtig nicht-monetäre Anreize und soziale Kontrolle sind. Besonders im internationalen Kontext ist die interkulturelle Diversität der Motivlagen und der Wirkungsmuster von Anreizsystemen zu beachten.
Betriebswirtschaftliche Funktionen von Anreizsystemen
Die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Funktionen von Anreizsystemen sind:
- Verhaltensbeeinflussung
Der Aspekt der Verhaltenssteuerung liegt auf der Hand. Wer von gewünschtem Verhalten positive Effekte zu erwarten hat, die andernfalls nicht eintreten, wird sich in seinem täglichen Tun daran orientieren. Während aber ein provisionsgesteuerter Vertriebsmitarbeiter vor allem die Provision und nicht die Auswirkungen seines Handelns (z.B. Zusagen an Kunden, Verkauf statt Betreuung) auf das Gesamtunternehmen im Kopf hat, sollten Manager eben anders, nämlich zu einem wesentlichen Teil auch am „Unternehmenswert“ orientiert incentiviert werden. So lässt sich dann auch der gewünschte Steuerungseffekt hinsichtlich des Managerverhaltens bewirken.
- Motivation
Die Schaffung einer Motivationslage, sich den Zielen des Unternehmens und nicht seinen eigenen zu verschreiben, muss eine wesentliche Grundlage jedes Anreizsystems für Manager sein. Dies bedeutet, dass sich Manager wie Unternehmer fühlen und verhalten sollen. Eine starke Motivation setzt Energien frei und schafft entsprechende Prioritäten in den Köpfen der Manager.
- Risikotransfer
Üblicherweise tragen der Unternehmer oder die Gesellschafter das gesamte unternehmerische Risiko. Die teilweise Verlagerung von Risiken auf Manager, beispielsweise über eine Managerbeteiligung, macht diese auch zu Risikoträgern. Verringert sich der Vermögenswert, so sinkt damit auch das Vermögen des Managers. Selbst dann, wenn reine Prämien im Erfolgsfall zur Auszahlung gelangen, trägt der Manager einen Teil des Risikos mit. In diesem Fall ist der Fixgehalt ja geringer, als wenn es keine Prämienentlohnung gäbe. Tritt der gewünschte Erfolg nicht ein, so sinkt auch die Gehaltssumme der incentivierten Manager, womit die Belastung für das Unternehmen geringer wird.
Warum Finanzinvestoren Managerbeteiligungen bei Investments fordern
Finanzinvestoren sind sich des Principal-Agent-Problems besonders bewusst. Sie wollen die besten Manager für ihre Portfoliounternehmen gewinnen und wissen: „If you pay peanuts, you get monkeys“. Vor allem Finanzinvestoren müssen sich auf ihre Manager verlassen können. Loyalität der Manager ist ein entscheidender Faktor. Wenn das Unternehmen nach einigen Jahren verkauft wird, so muss der Manager mitverkaufen. Er wird deshalb nicht vor allem an seinem Job kleben, sondern den Verkaufspreis maximieren. Loyalitätskonflikte der Manager zwischen dem alten Eigentümer und einem potenziellen Käufer – als möglicher neuer Dienstgeber – lassen sich so minimieren.
Daher „erschlagen“ Finanzinvestoren Manager im Erfolgsfall mit Geld, das über eine Beteiligung der Manager am Unternehmen beim Exit hereingespielt wird. Manager sollen dabei – je nach eigener Vermögenslage – in der Regel zwischen ein und drei Jahresgehälter für eine oftmals im Preis begünstigte Unternehmensbeteiligung aufwenden. Verfügt der Manager nicht über das nötige Kapital, besorgt der Finanzinvestor dem Manager eine Finanzierung. Scheitert das Unternehmen, verliert der Manager das Geld, ohne jedoch aufgrund der Höhe der Schulden selbst existenziell gefährdet zu sein. Aber ein Scheitern tut dann richtig weh. Wird das Unternehmen nach einer Behaltedauer von durchschnittlich fünf Jahren zur (oftmals angestrebten) dreifachen Bewertung verkauft, schwimmt der Manager im Geld. Er wird alles tun, um erfolgreich zu sein. Gleichzeitig wird er kein „Vabanquespiel“ unternehmen, da es auch um sein eigenes Vermögen geht. Die Beteiligung hindert Finanzinvestoren übrigens nicht daran, erfolglose Manager erforderlichenfalls auszutauschen!
Ich selbst habe als Manager und Partner von Private-Equity-Gesellschaften über viele Jahre hinweg erfahren, wie sehr Managerbeteiligungen dazu beitragen, dass alle Turbos gezündet werden, ohne unkalkulierbare Risiken einzugehen. Und wie sehr sie dazu beitragen, dass alle am gleichen Strang ziehen.
Hab wieder etwas gelernt, Danke sehr
Es freut mich, wenn die Leser einen Nutzen aus meinen Artikeln ziehen können.