Der Wandel unserer Gesellschaft erfordert auch für Unternehmer ein Umdenken. Globalisierung, Digitalisierung und ein neuer Finanzkapitalismus bieten Chancen, bringen aber auch gewaltige Herausforderungen mit sich. Wer klassischen Verhaltensweisen folgt, kann sich bald auf der Verliererstraße wiederfinden. Der ValuePreneur ist gefragt.
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Schrittweise wandelte sich die Leistungsgesellschaft zu einer Erfolgsgesellschaft. In einer zunehmend orientierungslos und ängstlicher gewordenen Gesellschaft ist es nicht mehr das ehrliche Bemühen, die Anstrengung, die geschätzt wird. Immer mehr zählen allein die sichtbaren Ergebnisse. Ranking und Benchmarking stehen nicht nur in der Wirtschaft für diesen Trend, auch PISA im Bereich der Bildung unterstreicht diese Entwicklung. In meinem 2017 erschienen Buch habe ich die ideengeschichtliche Grundlage der Entwicklung der Leistungsgesellschaft hin zur Erfolgsgesellschaft skizziert. Über viele Jahrhunderte hat eine Gesinnungsethik unser Denken entscheidend geprägt. Es kam darauf an, etwas als richtig Erkanntes zu versuchen, selbst wenn der Versuch letztendlich nicht von Erfolg gekrönt sein sollte.
Gesinnungsethik und Verantwortungsethik stehen in einem Spannungsfeld zueinander
Bereits zum Beginn unserer Zeitrechnung formulierte der römische Dichter Ovid den Vers: „Út desínt virés, tamen ést laudánda volúntas“ („Wenn auch die Kräfte versagen, dennoch muss der Wille gelobt werden“) (Ovid, Epistulae ex Ponto, 3,7,79). Seit jeher hat dieses Bekenntnis zur “Leistung” auf der Grundlage einer Gesinnungsethik das westliche Denken geprägt. Max Weber, der Begründer der modernen Soziologie, hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts in seiner Abhandlung „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ den Unterschied zwischen „Gesinnungsethik“ und „Verantwortungsethik“ thematisiert und auf die damalig neuen – bereits kapitalistischen Aufschwung und bis zu einem gewissen Grad auch schon globalisierten – Gesellschaftsmodelle angewandt.
Während es bei der Gesinnungsethik in erster Linie auf das Motiv des Handelns ankommt, stellt die Verantwortungsethik vor allem auf das angestrebte Ziel, also auf das Ergebnis des Handelns ab. Weber beschrieb die Verantwortungsethik als vornehmlich im angelsächsischen Wirtschaftsraum aus der protestantischen Tradition hervorgegangene Handlungsmaxime. Die Diskussion darüber bereitete ein Stück weit den Weg hin zu einer „Erfolgsgesellschaft“ vor.
Der Spannungsbogen zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik ist beträchtlich. “Gut gemeint” bedeutet noch lange nicht “gut gemacht”. Ignorante ideologische Prinzipienreiterei, meist geboren aus einer unreflektierten Gesinnungsethik, führt zum Dilemma moderner Politik. Es werden Standpunkte eingenommen, die ohne Berücksichtigung der Faktenlage und zukünftiger Auswirkungen Stimmungen erzeugen. Der Begriff “Armutsreisende” statt “Bettler” möge dies exemplarisch verdeutlichen. Indem soziale Verwerfungen, die ihren Ursprung in gescheiterten politischen Entwicklungen jenseits unserer Grenzen haben, importiert werden, wird an die Gesinnung und Moral der Bürger appelliert. Nicht eine Lösung des Grundproblems am Ort seines Entstehens steht im Fokus, sondern ein künstlich geschaffenes Schuldbewusstsein wird instrumentalisiert, um die Ungerechtigkeit dieser Welt zu demonstrieren.
Hier vereint sich dann linkes Sendungsbewusstsein und christlich soziale Verblendung zu einem “Gutmenschentum”, das man politisch korrekt ja nicht einmal als solches bezeichnen darf. Je mehr Armut man unmittelbar vor der eigenen Türe zu sehen bekommt, auch wenn sie organisiert ausgenutzt wird, desto eher lässt sich damit politisch Stimmung machen. Man könnte auch von ideologischer Kurzsichtigkeit oder schlicht von Bösartigkeit sprechen. Rechtspopulisten greifen solcherart Fehlorientierung wiederum auf und instrumentalisieren sie auf teils widerwärtige Art und Weise. Die westliche Welt gerät aus den Fugen.
Die Leistungsgesellschaft wird von der Erfolgsgesellschaft abgelöst
Wenn nicht mehr Bemühen und Leistung im Mittelpunkt der gesellschaftlichen Wertschätzung stehen, sondern vor allem Erfolg zentral ist, hat sich die Leistungsgesellschaft zu einer Erfolgsgesellschaft gewandelt. Dann darf es nicht verwundern, wenn unternehmerisches Scheitern zu einem finalen Urteil über den Unternehmer führt. Besonders in Kontinentaleuropa gibt es für einen Unternehmer nach einer Insolvenz selten eine zweite Chance. Fasziniert kann man hingegen in die USA blicken, wo die Auffassung vorherrscht, dass ein Unternehmer aus einem Scheitern wahrscheinlich etwas gelernt hat und diese Erfahrung beim nächsten Anlauf wertvoll ist. Es kommt dort darauf an, immer wieder aufzustehen und es noch einmal zu versuchen.
Selbst in Asien, wo man ja bekanntlich schnell “sein Gesicht verlieren” kann, hat sich mittlerweile diese Haltung durchgesetzt. Das lässt sich etwa an der Rede von Lee Hsien Loong, dem Prime Minister Singapurs, anlässlich des Nationalfeiertags 2016 erkennen. Während Europäer den Unternehmer in der Erfolgsgesellschaft anhand seiner Historie beurteilen, versteht der größte Teil der Welt “Erfolg” als zukunftsgerichtetes Konzept. Was die Chance auf zukünftige Erfolge erhöht, wird positiv beurteilt. Dazu gehören auch bewältigte negative Erfahrungen als Unternehmer, die diesen letztlich stärker gemacht haben.
Menschen brauchen Handlungsspielräume und Eigenverantwortung
Einfache Antworten gibt es nicht. Aber es ist offensichtlich, dass Menschen nach Perspektive und Orientierung suchen. Betrachtet man die politischen Entwicklungen in Europa und den USA weniger inhaltlich als strukturell, so zeigt sich eines: Die Menschen sehnen sich nach Veränderung. Weil sie ungeachtet derzeit noch intakter Systeme verstehen, dass ihnen die Zukunft abhanden kommt, dass alles enger wird. Perspektiven zu bieten meint aber mehr, als zu sagen: “Wir werden euch nicht im Stich lassen.” Es bedeutet, Menschen einen Weg aufzuzeigen, wie sie ihre Lebensverhältnisse und die ihrer Kinder und Enkel in eine positive Richtung bewegen können. Staatliche Almosen und öffentliche Versorgungsversprechen können das nicht glaubhaft langfristig gewährleisten.
Das Zauberwort lautet “Empowerment”. Darunter sind Strategien und Maßnahmen zu verstehen, die den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung im Leben von Menschen oder Gemeinschaften erhöhen und es ihnen ermöglichen, ihre Interessen (wieder) eigenmächtig, selbstverantwortlich und selbstbestimmt zu vertreten, ihr Gefühl der Macht- und Einflusslosigkeit zu überwinden und ihre Gestaltungsspielräume und Ressourcen wahrzunehmen und zu nutzen. Dazu brauchen Menschen aber Orientierung, Ziele und Handlungsspielräume. Wer ihnen das in Aussicht stellt, indem er das bestehende System strukturell zu verändern verspricht, hat bessere Karten als jemand, der nur punktuelle Verbesserungen bei grundsätzlicher Konservierung der Verhältnisse anbietet. Letzteres hören die Menschen nämlich bereits zu lange.
Barack Obama stand bei seiner ersten Wahl für “Change”, Donald Trump auch. Politisch total gegensätzliche Flügel punkten mit derselben abstrakten Idee, wenngleich sie damit auf völlig gegensätzliche Konzepte verweisen. Diese abstrakte Idee heißt Systemveränderung. Ähnlich zieht Wladimir Putin die Bevölkerung auf seine Seite, indem er verspricht, die russische Stellung in der Welt zu verändern. Recep Tayyip Erdoğan in der Türkei wurde von der Bevölkerung noch bei der letzten Wahl in der Türkei als Alternative zum korrupten System des Kemalismus gesehen und für den bis zur Wahl eingetretenen Wirtschaftsaufschwung sowie das neue türkische Selbstbewusstsein belohnt. Auch Alexis Tsipras in Griechenland und Viktor Orban in Ungarn wurden gewählt, weil sie eine Systemveränderung in Aussicht gestellt haben – um noch zwei europäische Beispiele zu nennen. Die chinesische Regierung genießt Ansehen in der Bevölkerung, seit Deng Xiao Ping in den 1980er Jahren Modernisierung und kapitalistischen Aufbruch ausgerufen hat und dies auch spürbar geworden ist. Und Lee Kuan Yew, der 2015 verstorbene Staatsgründer von Singapur wird dafür verehrt, dass er eine der am weitesten entwickelten Nationen der Welt geschaffen hat – dies innerhalb weniger Jahrzehnte quasi aus einer Sumpflandschaft. Er trieb radikale Veränderungen einer „schwierigen“ Weltregion ohne natürliche Ressourcen schlicht durch “Good Government” und eine Vision voran.
Europa verändert sich, Unternehmer sind gefordert
Im orientierungslosen Europa mit seiner dominierenden, nur auf das Hier und Jetzt ausgerichteten Erfolgsgesellschaft, suchen nicht nur jene Menschen grundlegende Veränderung, die sich zurückgelassen und nicht ernstgenommen fühlen. Es wäre ein Fehler zu glauben, dass es sich bei diesen Menschen nur um Verlierer handelt. Auch etablierte Mitglieder der Gesellschaft und typisch großbürgerliche Eliten drängen immer massiver auf Veränderung. Wer das Gefühl hat, dass wir sehenden Auges gegen eine Wand fahren, wird sich gegen diese Entwicklung stemmen. Es genügt nicht, dass es uns “noch” gut geht. Menschen nehmen relative Veränderungen wahr. Und gegenüber einem großen Teil der Welt, vor allem gegenüber Asien, verschlechtert sich die Position der westlichen Welt laufend. Die Veränderung unseres Gesellschaftsmodells wird eher revolutionär als evolutionär gesucht. Nicht nur Brexit und Trump weisen in diese Richtung, bereits Silvio Berlusconi und Beppe Grillo in Italien standen für diesen Trend, ebenso das Erstarken nationalistischer Bewegungen in ganz Europa. Es geht also nicht nur um Ungebildete und Modernisierungsverlierer, auch wenn sie statistisch im Lager der Unzufriedenen überproportional repräsentiert sind. Eine allgemeine Radikalisierung der Gesellschaft ist unübersehbar.
Radikale Veränderung bedeutet aber auch Unsicherheit und Unplanbarkeit. Gerade in der Wirtschaft ist sie mit Risiken und Instabilitäten verbunden. Wenn man nicht weiß, wohin die Reise geht, sind exakte Standortbestimmung und ein guter Kompass wichtig, um die Orientierung nicht zu verlieren. Dies gilt vor allem für Unternehmer, die infolge ihrer gesellschaftlichen Stellung öfter und stärker selbstbestimmt und eigenverantwortlich handeln als andere Gruppen der Bevölkerung. Umwälzungen haben aber immer auch ungeahnte Chancen mit sich gebracht. Wem es gelingt, sich besser an geänderte Bedingungen anzupassen, vielleicht sogar als Vorreiter aufzutreten, den erwarten gerade als Unternehmer Gelegenheiten, wie sie sich nur selten bieten. Die Anpassung an geänderte Bedingungen erfordert jedoch ein Umdenken, eine Neuorientierung hinsichtlich der obersten Zielsetzung, die ein Unternehmen anstrebt.
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In einer Erfolgsgesellschaft wird ein Unternehmer in den Augen der meisten Marktakteure unter dem Gesichtspunkt kontinuierlicher Erfolge beurteilt. Der Kapitalmarkt hat das bereits seit Langem vorweggenommen. Wertsteigerung und auch Wertsteigerungspotenziale werden bei börsennotierten Unternehmen bereits quartalsweise zum Gradmesser der Attraktivität von Anlageentscheidungen. Und hier ist es scheinbar vor allem Wertsteigerung für Aktionäre, die zählt. Aber nicht nur börsennotierte, sondern auch private Unternehmen unterliegen diesen Maßstäben. Und gerade darin liegen ungeahnte Chancen, die sich ein Unternehmer zunutze machen kann. Alternative Formen der Unternehmensfinanzierung tragen dem bereits Rechnung.
Die Unterscheidung zwischen Unternehmern und Kapitalisten ist Geschichte
Will man die Funktionsweise unseres Wirtschaftssystems verstehen, so ist zunächst notwendig, begrifflich zwischen Kapitalist und Unternehmer zu unterscheiden. Ein Kapitalist investiert Geld auf der Suche nach Rendite, die Kapitalvermehrung steht im Mittelpunkt. Er trägt das wirtschaftliche Risiko und denkt und handelt wie ein Investor. Zins- und Immobilienerträge, Pachterlöse, Kursgewinne, Lizenzeinnahmen und vergleichbare Erträge stellen die typische Rendite dar.
Ein Unternehmer im Sinne des Schumpeterschen “Entrepreneurs” hingegen agiert aktiv in realen Märkten, setzt Innovationen um, trägt Verantwortung für sich und sein privates Umfeld, für seine Belegschaft, seine Geschäftspartner und sein soziales Umfeld. Er steuert sein Geschäft typischerweise persönlich. Zumeist hat ihn intrinsische Motivation veranlasst, Unternehmer zu sein. Er möchte gestalten, liebt Freiheit und Unabhängigkeit und sucht Selbstverwirklichung in dem, was er tut. Er führt selbst sein Unternehmen und bezieht Gewinne oder Verluste aus dieser aktiven Tätigkeit.
In einer Erfolgsgesellschaft lösen sich die Unterschiede zwischen Kapitalisten und Unternehmern sukzessive auf. Erfolg wird in Geldeinheiten gemessen. Wert, konkret der Unternehmenswert, rückt in den Mittelpunkt der Betrachtung. Aus dem Entrepreneur wird der “ValuePreneur”. Es ist dies der aktiv tätige Unternehmer, der die Steigerung des Unternehmenswertes als übergeordnete Zielsetzung der Unternehmenspolitik begreift. Vom klassischen Entrepreneur unterscheidet er sich dadurch, dass er – einem Investor ähnlich – renditeorientiert handelt. Vom Kapitalisten wiederum unterscheidet er sich, indem er sämtliche Merkmale und Eigenschaften des Entrepreneurs aufweist. Aus dieser (neuen) Orientierung ergibt sich das Gleichgewicht von kapitalgetriebenen und persönlichen Motiven sowie der Einklang von Innovationsdrang und Renditeorientierung.
Der ValuePreneur ist der Unternehmertypus des 21. Jahrhunderts
Exemplarisch möge der Leser an investorenfinanzierte Gründer von Start-Ups denken. Oder an Unternehmer, die beschlossen haben, ihr Unternehmen in einigen Jahren zu verkaufen und dieses auf den Verkauf vorzubereiten. Den Wert zu heben, wird zur expliziten Herausforderung. Das Ziel wird durch ambitionierte, wertorientierte Unternehmensführung erreicht. Und eine solche Unternehmensführung ist für alle Unternehmer sinnvoll – unabhängig von der Entwicklungsphase des Unternehmens und der persönlichen Situation des Unternehmers.
Der ValuePreneur ist jener Unternehmertypus, den die Erfolgsgesellschaft einerseits während der letzten 30 Jahre hervorgebracht hat und den sie andererseits erfordert. Anders als bisher, definiert sich die Rendite des ValuePreneurs nicht als Verhältnis von Gewinn zu eingesetztem Kapital. Ihm geht es vor allem um die Wertsteigerung, die die Rendite bestimmt. Der Schlüsselbegriff lautet: “Total Shareholder Return“. Die geänderte Zielsetzung und die Wertehierarchie machen den Unterschied aus.
Um die angestrebte Wertsteigerung zu erreichen, bedarf es heute eines veränderten Blickwinkels. Der ValuePreneur ist gefordert, nicht nur ökonomischen Mehrwert für sich persönlich, sondern auch einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen. Dadurch kann er sich vom Wettbewerb unterscheiden – sowohl was die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen, als auch die Sympathie der Öffentlichkeit betrifft. Geschäftsmodelle der Zukunft erfordern immer mehr, auch den „Public Value“ als Teil der unternehmerischen „Value Creation“ zu begreifen. Denn der gesellschaftliche Mehrwert zahlt sich für den Unternehmer direkt aus. Eine Art „höherwertiger Kapitalismus“ ist die Folge. Das Unternehmerbild gewinnt damit ein positives Profil: Es ist ethisch verantwortungsvoll und dabei auch ökonomisch profitabler als ein Wirtschaften nach alten Mustern. Verantwortungsbewusstes und situationsadäquates Unternehmertum im Europa des 21. Jahrhunderts erfordert ValuePreneurShip!
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