Rechtliche Aspekte des Cash Pooling

Cash Pooling war in der Vergangenheit ein exklusives Instrument des Treasury in großen Konzernen. Immer häufiger nützen mittlerweile auch mittelständische Unternehmensgruppen eine zentralisierte Kassenhaltung, um die vorhandene Liquidität im Unternehmen optimal einzusetzen. Wer es blauäugig macht, den können schnell schwerwiegende rechtliche Folgen treffen.

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Was einfach und logisch klingt, gestaltet sich in der Praxis schwierig und beinhaltet zahlreiche Fallstricke. In einem Konzern gibt es Gesellschaften mit Cash-Überschüssen und solche mit Cash-Bedarf. Diese Verhältnisse bleiben auch nicht immer gleich. Guthaben einer Konzerngesellschaft können sich kurzfristig in Negativsalden drehen und umgekehrt. Schon bald ist es aber wieder anders. Was liegt näher, als die Bündelung („Pooling“) von Liquidität („Cash“) innerhalb der Familie (des Konzerns)?

Dabei übernimmt zumeist eine Konzerngesellschaft, meist die Konzernobergesellschaft oder Holding („Master Company“), das zentrale Finanzmanagement und den konzerninternen Liquiditätsausgleich. Aber auch andere Konzerngesellschaften können diese Aufgabe übernehmen. Der Liquiditätsausgleich erfolgt über einen sogenannten „Master Account“ bei der Master Company. Die in den Liquiditätsausgleich einbezogenen Konten der der Master Company untergeordneten Konzerngesellschaften („Client companies“) nennt man „Client Accounts“. Diese Client Accounts werden zumeist täglich abgeschöpft (im Falle von Guthaben) oder aufgefüllt (im Falle von Sollständen). Man spricht in diesem Zusammenhang von „zero balancing“ der Client Accounts zugunsten oder zulasten des Master Account.

Welche allgemeinen Vor- und Nachteile hat Cash Pooling?

Die Vorteile von Cash Pooling liegen auf der Hand:

  • Der Liquiditätsausgleich im Konzern optimiert den Zinssaldo im Konzern, da niedrig- oder unverzinste Habenstände (Bankguthaben) neben höher verzinsten Sollständen (Bankkredite) gleichzeitig bestehen. Nur der Saldo wird zentral verzinst.
  • Die konzernweite Fremdkapitalquote sinkt und die Eigenkapitalquote steigt
  • Die Abhängigkeit von einer Aussenfinanzierung durch Fremdkapital nimmt ab
  • Die Bonität der Unternehmensgruppe steigt durch die bilanziellen Verbesserungen
  • Die zentrale Liquiditätssteuerung im Konzern erleichtert den Überblick und bindet die Konzerngesellschaften stärker an die Konzernmutter.
  • Wechselkurssicherungskosten können allenfalls konzernweit minimiert werden.
  • Eine effektive auch grenzüberschreitende Konzernfinanzierung vermindert das im Konzern gebundene Kapital und verbessert dadurch den sogenannten „Return on Capital Employed“ (ROCE). Der ROCE ist eine Kennzahl, die misst, wie effizient und profitabel ein Unternehmen mit seinem eingesetzten Kapital umgeht.

In der Regel gibt es selten Vorteile ohne einen Nachteil. Die Risiken von Cash Pooling lassen sich wie folgt beschreiben:

  • Aus Sicht der bonitäts- und finanzstarken Konzerngesellschaften steigt das unternehmensindividuelle Risiko, da sie Cash abliefern müssen und finanziell stärker fremdgesteuert werden.
  • Der Entfall einer eigenständigen Liquiditätsversorgung rechtlich selbständiger Einheiten erhöht das Risiko für die Gesamtgruppe, da Probleme einer Gesellschaft direkt auf den Konzern durchschlagen können.
  • Haftungsrisiken für Gesellschaften und deren Organe sind nicht zu unterschätzen.
  • Verwaltungsgebühren der Bank für die Bereitstellung des Produktes „Cash Pooling“ können beträchtlich sein.

Es muss zwischen echtem und unechtem Cash Pooling unterschieden werden

Beim echten („physischen“) Cash Pooling werden zu diesem Zweck via Master Account Finanzmittel aus Konzerngesellschaften abgezogen bzw. diesen zur Verfügung gestellt. Das echte Cash Pooling ist juristisch komplex und sollte daher maßgeschneidert umgesetzt werden. Dies gilt vor allem dann, wenn es sich um grenzüberschreitende Transaktionen handelt, bei denen Konzerngesellschaften unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen.

Im Gegensatz dazu spricht man vom unechten („notional“) Cash Pooling, wenn es nur darum geht, eine Zinsoptimierung durch fiktive Gegenverrechnung der valutarischen Salden auf den Nebenkonten zu erzielen. Die rechtlichen Probleme stellen sich beim unechten Cash Pooling im Vergleich mit dem echten Cash Pooling in einem deutlich abgeschwächten Umfang dar. Aber auch das unechte Cash Pooling weist seine Besonderheiten auf.

In weiterer Folge werde ich in diesem Blogpost nur noch auf das echte („physische“ Cash Pooling) eingehen, da es für den Mittelstand der realen Liquiditätssteuerung dient. Die damit zusammenhängenden rechtlichen Probleme werde ich vor allem mit Blick auf die österreichische Rechtslage darstellen. Es sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass Österreich ein besonders rigides Regelwerk in Sachen „Einlagenrückgewähr“ (zur Sicherung des Kapitalerhaltungsgrundsatzes) hat. Ungeachtet einer erforderlichen Einzelfallprüfung ist davon auszugehen, dass regelmäßig eine Einhaltung der überstrengen österreichischen Regeln gute Anhaltspunkte dafür schafft, was auch international sinnvoll ist.

Welche vertraglichen Gestaltungen erfordert Cash-Pooling?

In der Regel werden zumindest zwei Verträge mit jeweils mehreren Vertragspartnern abgeschlossen:

  • Ein Cash Pooling Vertrag regelt die Beziehungen sowie die technische Abwicklung zwischen der Pool-Bank (den Banken) und den Gesellschaften, die am Cash Pooling teilnehmen (den Pool-Gesellschaften). Die Pool-Bank fungiert dabei als Auftragnehmer gem. § 1002f ABGB).
  • Ein Rahmenvertrag regelt die Rechtsbeziehungen zwischen den Pool-Gesellschaften, also der Master Company und den Client Companies. Die Master Company tritt dabei als Auftragnehmer gem. § 1002 f ABGB auf und verwaltet den Cash Pool. Sie räumt dabei den Client Companies einen Kontokorrentkredit ein oder nimmt bei diesen einen Kontokorrentkredit auf.

Zuständig nach österreichischem Recht sind bei Aktiengesellschaften der Vorstand (§ 70 Abs 1 AktG) und der Aufsichtsrat (§ 95 Abs 5 Z 5 und 6 AktG). Grundsätzlich ist keine Zuständigkeit der Hauptversammlung gegeben, zu beachten sind aber § 103 Abs 1 AktG, wonach die Satzung etwas anderes vorsehen kann sowie § 103 Abs 2, wonach der Vorstand oder der Aufsichtsrat unter Bedingungen die Hauptversammlung anrufen kann.

Bei österreichischen GmbHs entscheiden die Geschäftsführer gem. § 19 GmbHG und – falls vorhanden – der Aufsichtsrat (§ 30j Abs 5 Z 5 und 6 GmbHG). Allenfalls ist eine Vorlage an die Generalversammlung geboten.

Welche Vertragsinhalte sind erforderlich?

Informationsrechte und Informationspflichten bei allen Pool-Gesellschaften sind unabdingbar (Transparenzplicht). Dies beinhaltet die Einführung eines Kontroll- und Frühwarnsystems und die Überwachung der gesamtwirtschaftlichen Situation des Konzerns sowie der Pool-Gesellschaften. Dazu ist ein laufender Informationsaustausch zur Vermögens- Ertrags- und Finanzlage sowie zu Bonitätsveränderungen erforderlich. Wichtig (!) ist eine initiative Aufklärungspflicht jeder Pool-Gesellschaft beim Auftreten von Krisen.

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Unbedingte Kündigungsrechte (ordentliche und außerordentliche) durch Pool-Gesellschaften bzw. Bank, Ausschlussrechte hinsichtlich einzelner Pool-Gesellschaften und allenfalls vorübergehende Suspendierungsrechte (beispielsweise bei Überschreiten von Betragsgrenzen) sind ebenfalls vorzusehen. Insbesondere eine außerordentliche Kündigungsmöglichkeit muss zwingend jederzeit gegeben sein.

Die eigene Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Teilnahme am Pool (ob und in welcher Höhe) muss bei den Pool-Gesellschaften verbleiben. Keine Client Company haftet gegenüber der Poolbank für Verbindlichkeiten Dritter, die Haftung einer Client Company besteht immer nur für ihre eigenen Verbindlichkeiten. Sehr wohl aber kann die Konzernmutter – falls sie Master Company ist – Haftungen für Client Companies übernehmen oder Sicherheiten bereitstellen. Ein maximaler Kreditbetrag pro Pool-Gesellschaft (damit auch ein Tageslimit für Überweisungen) ist festzulegen. Die Master Company muss jederzeit in der Lage sein, ihren Verpflichtungen gegenüber den Client Companies nachzukommen.

Der Kapitalerhaltungsgrundsatz bringt Haftungsrisiken mit sich

Das Verbot der Einlagenrückgewähr bei Kapitalgesellschaften gemäß § 82 GmbHG und § 52 AktG sowie bei Personengesellschaften ohne natürliche Person als Komplementär dient der Sicherung des Haftungssubstrates von Gesellschaftsgläubigern. Es verhindert sowohl verbotene Zahlungen an Gesellschafter (damit indirekt auch an Schwestergesellschaften) als auch die verbotene Bestellung von Sicherheiten. Es geht dem Gesetzgeber darum, das Aushöhlen von Unternehmen zulasten der Gläubiger durch Gesellschafter hintanzuhalten. Eine gesonderte Regelung für Cash Pooling besteht nicht. Es gelten die allgemeinen Rechtsgrundsätze.

Grundsätzlich ist jede unmittelbare Leistung, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht, vom Verbot der Einlagenrückgewähr umfasst. Der Tatbestand ist rein objektiv gefasst. Schädigungsabsicht ist nicht erforderlich. Ein starkes Indiz für verbotene Einlagenrückgewähr liegt vor, wenn ein Fremdvergleich (Arm´s length Prinzip) negativ ausfällt. Ein derartiger Drittvergleich ist beim Cash Pooling allerdings ungeeignet.

Diese Regelungen sind – abseits des Cash Pooling – leider auch recht trickreich im gesamten Bereich der Konzernfinanzierung. Regelmäßig werden sie bei Gesellschafterstreitigkeiten als Instrument der juristischen Kriegsführung bemüht. Eine Folge des Verstoßes ist die Nichtigkeit sowie die Rückzahlung, allfällige strafrechtliche Folgen (insbesondere Untreue) sind nicht auszuschließen und schweben stets als Damoklesschwert, zumindest aber als Drohpotenzial über den handelnden Personen.

Nicht einmal Berater und Mitarbeiter ohne Organfunktion sind frei von Risiken (Beitragstäterschaft). Auch Gläubiger und beliebige Dritte (Gegner, Wettbewerber etc.) können diesbezüglich lästig werden. Daher ist unbedingt darauf zu achten, nicht einfach unbedarft zu improvisieren (nach dem Motto: wo kein Kläger, da kein Richter), sondern sich qualifizierten Rat zu suchen. Ein Delikt kann auch OHNE eingetretenen Schaden gesetzt werden!

Entscheidend ist nach der jüngsten Judikatur, ob Cash Pooling „betrieblich gerechtfertigt“ ist

Jeweils im Einzelfall ist unter Berücksichtigung aller Aspekte die „betriebliche Rechtfertigung“ zu prüfen. Genau dieser Standpunkt entspricht der jüngsten Judikatur des Obersten Gerichtshofes. Dies eröffnet einen praktikablen Weg, um der Problematik mit der verbotenen Einlagenrückgewähr beim Cash Pooling zu begegnen. Nachdem der oben dargestellte Fremdvergleichsgrundsatz nicht wirklich anwendbar ist, hat die Rechtssprechung folgende Grundsätze der „betrieblichen Rechtfertigung“ entwickelt:

  • Auch ein für sich isoliert betrachtet ungünstiges Geschäft kann betrieblich gerechtfertigt sein.
  • Das konkrete Geschäft (Cash Pooling) muss im Interesse der Gesellschaft sein.
  • Der Abschluss muss mit der entsprechenden Sorgfalt zustandekommen (erforderliche Vertragsinhalte siehe oben) und einen besonderen Vorteil mit sich bringen.

Derartige betriebliche Vorteile sollten im Vertrag hinreichend dokumentiert werden. Der Entfall der Gewinnmarge der Banken (in der Zinsspanne zwischen den Konzerngesellschaften) sei exemplarisch als wichtiges juristisches Formalargument genannt, warum der Cash Pool bereits „an sich“ vorteilhaft für die Teilnehmer sein kann, auch wenn sich im Einzelfall negative Auswirkungen bei einzelnen Teilnehmern zeigen können. Zahlreiche andere Argumente sollten sich in den Verträgen auch entsprechend materialisieren.

Die entsprechende Bewertung der betrieblichen Rechtfertigung hat ex ante, also im Vorhinein, und danach laufend zu erfolgen. Keinesfalls gerechtfertigt ist ein Cash Pool dann, wenn die Teilnahme bereits zu Beginn existenzbedrohend ist. Der Einsatz eines Cash Pools als Sanierungsinstrument ist daher eher problematisch und erfordert eine besondere Sorgfalt.

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