Die staatlichen Schuldenmacher der Republik Österreich

Staatsschulden gelten als Übel, ohne darauf zu achten, wofür sie eingegangen wurden. Das ist falsch und eine grundlegende Dummheit. Zu behaupten, Schuldenmacher waren immer nur Sozialdemokraten, ist ebenso falsch. Österreich befindet sich nun aber auf einem positiven Weg – wenn Investitionen in die Zukunft nicht zu kurz kommen.

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Staatsausgaben können investiv (beispielsweise für Infrastrukturinvestionen) oder konsumptiv (beispielsweise für Sozialausgaben) bedingt sein. In den meisten europäischen Staaten kamen Staatsschulden in den letzten Jahrzehnten nicht aufgrund von Zukunftsinvestitionen zustande. Es war schlichte Wählerbestechung zur Bedienung der eigenen Klientel, die trotz steigender Steuer- und Abgabenquoten immer höhere konsumptive Staatsausgaben bedingten. Steigende Staatsschulden scheinen unabwendbar, solange strukturelle Reformen in der Realverfassung des Staates nicht durch Leidensdruck erzwungen werden oder massiver Druck von außen das System verändert. Das gilt weitestgehend für alle politischen Systeme, die Wählerstimmen kaufen müssen. Reformresistenz ist jedoch langfristig gefährlich.

Der politische Diskurs hierzulande ist geprägt von ideologisch verzerrten Sichtweisen, die den Blick auf ein tiefer liegendes Problem verdecken. Langfristig sind es nicht die “wirtschaftsfeindlichen Linken” oder die “kapitalistischen Konservativen”, die den Ausschlag geben, sondern das gesamte realpolitische System eines Landes, das das Wohlstandsniveau und die Zukunftsperspektiven entscheidend prägt.

Die Entwicklung der Staatsschulden Österreichs hat sich gedreht

In einem Blogpost aus dem August 2017  habe ich bereits die Entwicklung der österreichischen Staatsschulden unter verschiedenen Regierungskonstellationen dargestellt. Diesmal stelle ich die Entwicklung der Staatsverschuldung bis zum Platzen der türkis-blauen Regierung unter der Verantwortung verschiedener Bundeskanzler dar. Betrachten wir aber zunächst, was ich vor nicht einmal zwei Jahren in einem Diagramm zusammengefasst habe:

 

Noch heute wird ja in Österreich politisch argumentiert, dass die Staatsverschuldung eine Erbsünde der Sozialdemokratie ist, die damit begonnen habe, dass der damalige sozialistische Bundeskanzler Kreisky (1970-1982) Früchte vom Baum der Sünde (staatliche Verschuldung) gepflückt habe. Wichtig zu wissen ist, dass dem kriegsgeschädigten Land mit neuer Währung praktisch erst in den 1960er Jahren öffentliche Schuldaufnahme auf den Kapitalmärkten wirklich möglich war, die Staatsschulden aber bei Antritt der Regierung Kreisky auch bereits 13% des BIP betragen haben.

Dies soll die österreichische Sozialdemokratie als bis dato führende politische Kraft dieses Landes, die fast durchgehend immer den Bundeskanzler stellte, nicht reinwaschen von der Verschuldungssituation der Republik Österreich. Realpolitisch hat während dieser Periode in Österreich aber immer die Sozialpartnerschaft geherrscht, wunderbar aufgeteilt in schwarze und rote Institutionen. Diese wurde dann während eines schwarz-blauen Regierungsintermezzos unter Kanzler Schüssel einmal kurz geschwächt. Sie hat sich aber in der Folge unter einer rot-schwarzen Regierungskoalition zu alter Stärke emporgeschwungen.

Das Problem liegt daher naturgemäß tiefer, es ist in der DNA der österreichischen Realverfassung verankert. Es gibt keinen wirklichen Konflikt zwischen Ideologien in Österreich, dafür gab es bisher umso größere Kooperation hinter den Kulissen, einen systematischen Ausgleich von Klientelinteressen. Ideologien haben allenfalls als Staffage auf der Bühne der Rhetorik Bedeutung.

Zumindest in den letzten Jahren jedoch hat hinsichtlich der Staatsschulden eine Trendwende eingesetzt. Sowohl unter Bundeskanzler Kern, als auch unter Bundeskanzler Kurz (beides Kurzzeit-Bundeskanzler) ist eine Reduktion der Verschuldung eingetreten. Während Kern aber während einer bestehenden Legislaturperiode in ein Koalitionsprogramm eingetreten ist, hat Kurz über ein Koalitionsabkommen mit der FPÖ und daraus resultierenden Budgets trotz vollzogener Steuersenkungen einen nachhaltigen budgetären Konsolidierungskurs eingeschlagen, der gleichzeitig auch eine nachhaltige Senkung der Steuer- und Abgabenquote vorgesehen hat.

Die wirklichen Staatsschulden Österreichs sind deutlich höher

Statistik ist immer relativ. Zieht man die Daten internationaler Institutionen heran (beispielsweise die des Internationalen Währungsfonds oder der Weltbank), dann ist die gesamtstaatliche Verschuldung noch wesentlich höher. Das liegt an der Art der Berechnung. Würde man zusätzlich auch noch zukünftige Pensionsverpflichtungen zur Staatsschuld hinzurechnen, so stellt sich die Staatsverschuldung schließlich noch um ein Vielfaches dramatischer dar. Da wir im Bereich der Pensionen in Österreich ein Umlageverfahren haben, werden Pensionsverpflichtungen nicht aus einem bestehenden Kapitalstock bedient, wie dies beim Kapitaldeckungsverfahren (z.B. in der Schweiz) der Fall ist.

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Dennoch werden diese Verpflichtungen nicht in die Staatsschuld eingerechnet, weshalb sich die Verschuldungssituation optisch in Österreich (aber nicht nur hier) viel besser darstellt, als es sonst der Fall wäre. Wie hoch die Schulden nach welcher Berechnungsart auch immer nun aber sein mögen, es ändert sich an der grundsätzlichen Aussage nichts. Sie stiegen seit Jahrzehnten ungehindert an, auch in Jahren, in denen die Zinsen extrem niedrig waren. Das war – wie auch in vielen anderen westlichen Demokratien – dem politischen System Österreichs geschuldet.

Welche Bundeskanzler haben die österreichischen Staatsschulden erhöht oder gesenkt?

Nur zwei (Kurzzeit-)Bundeskanzlern ist es bislang gelungen, die Staatsschulden Österreichs zu senken. Es waren dies Christian Kern (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP). Alle anderen Bundeskanzler haben den Schuldenstand sowohl in absoluten Zahlen als auch in Prozentsätzen des Bruttoinlandsproduktes (BIP) erhöht. Und zwar unabhängig von der konjunkturellen Situation oder der jeweiligen Zinssituation. Betrachten wir zunächst eine Graphik, die DI Viktor Krammer auf der Grundlage von Zahlen der Österreichischen Nationalbank erstellt hat. Sie zeigt, welche Bundeskanzler die Schuldenmacher der Nation waren.

Quelle: https://staatsschulden.at/schuldenmacher-der-zweiten-republik?fbclid=IwAR2I8ZORlDkMgm-ltkQ_THkcSlotr-OScGNdsiXQadddL_Y1P0nRjJpm1yU, Zugriff: 27.06.2019

Die folgende Tabelle zeigt darüber hinaus, wie sich die Schuldenentwicklung in Prozentpunkten – gemessen am BIP – unter roten und schwarzen Bundeskanzlern darstellt.

 

Die Schuldenmacher der Zweiten Republik

Bundeskanzler

Neuverschuldung
(in Mrd. Euro)

pro Amtsjahr

Schuldenentwicklung
gemessen am BIP
(Prozentpunkte)

Werner Faymann (SPÖ)

92,7

12,45

+15,7

Franz Vranitzky (SPÖ)

71,2

6,70

+18,0

Wolfgang Schüssel (ÖVP)

43,9

6,33

+0,6

Bruno Kreisky (SPÖ)

33,3

2,55

+26,0

Alfred Gusenbauer (SPÖ)

20,0

10,58

+1,2

Fred Sinowatz (SPÖ)

16,2

5,28

+9,0

Viktor Klima (SPÖ)

12,2

4,05

-1,3

Christian Kern (SPÖ)

-3,6

-2,23

-5,7

Sebastian Kurz (ÖVP)

-7,2

-4,93

-6,3

Dargestellt wurde laut Krammer die Neuverschuldung (Anstieg der Staatsschulden) während der Amtszeit der österreichischen Bundeskanzler in Milliarden Euro seit 1970. Für die Berechnung wurde die jeweils am Ende des Jahres veröffentlichte Staatsverschuldung herangezogen und dann aliquot auf die Tage im Amt aufgeteilt. Die Anfangsverschuldung bei Amtsantritt von Bruno Kreisky wurde mit 3,5 Milliarden Euro geschätzt, da für 1970 keine genauen Zahlen vorliegen. Bundeskanzler Kurz wurde nach der aktuellen Prognose laut Maastricht vorläufig eingeschätzt – Stand April 2019.

Eine zukunftsorientierte, strategisch ausgerichtete Politik erfordert auch Investitionen

Es ist ein Drama, dass in Europa angesichts des offensichtlichen Politikversagens das Mantra des Sparens beschworen werden muss, um rein konsumptiv bedingte Staatsausgaben auch nur einzubremsen. Wir haben bislang ignoriert, dass Investitionen in unsere Zukunft erforderlich sind, um im Systemwettbewerb zwischen den USA und China nicht zerrieben zu werden. Bezeichnend ist beispielsweise der Umgang mit unserer Infrastruktur sowie der Mangel an Investitionen in neue Technologien.

Deutschland rühmt sich damit, die Staatsverschuldung abzubauen. Gleichzeitig kann jeder feststellen, dass die Mobilfunk- und Internetabdeckung der stärksten europäischen Volkswirtschaft auf dem Niveau eines Entwicklungslandes stehen geblieben ist. Wer auf deutschen Autobahnen unterwegs ist und telefonieren will, weiß ein Lied davon zu singen. Derartige Infrastrukturinvestitionen kosten natürlich Geld, aber sie erhöhen auch die Produktivität der Volkswirtschaft.

Verschuldung ist im Übrigen nicht absolut zu sehen, sondern immer in Relation zu den wesentlichen ökonomischen Mitbewerbern. Auch die relevanten Währungsräume spielen eine entscheidende Rolle, da Verschuldung immer in einer konkreten Währung zustande kommt. Sowohl die USA als auch Japan als relevante Rivalen mit jeweils global schwer gewichteten Währungen weisen wesentlich höhere Staatsschuldenquoten auf. Geht man langfristig von einem sehr niedrigen Zinsniveau aus, so stellt sich die Frage, ob nicht investive Staatsausgaben über Wachstumsimpulse und Produktivitätsgewinne eine wesentlich höhere Rendite bringen als Staatsschulden an Zinsen kosten.

Schwache europäische Kapitalmärkte erfordern staatliche Investitonen in Technologie

Auch wenn ein schlanker Staat (im Bereich konsumptiver Staatsausgaben) wünschenswert ist, dürfen wir uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass angesichts unterentwickelter kontinentaleuropäischer Kapitalmärkte Impulse für Technologieentwicklung staatliche Ausgaben erforderlich machen. Als Beispiel möge der Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) dienen. Obwohl wir sowohl regulatorisch als auch hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Gewichtung diesbezüglich meilenweit hinter China liegen – übrigens auch hinter den USA – belässt es Europa auch im finanziellen Bereich bei reinen Lippenbekenntnissen.

Lächerlicher könnte es nicht sein. Das Handelsblatt titelte am 13.11.2018: “Bundesregierung will Milliarden in KI investieren und den USA und China zuvorkommen.” Es geht dann wie folgt weiter: “Die Große Koalition will mit einer neuen KI-Strategie der deutschen Wirtschaft zur Weltmarktführerschaft verhelfen.” So sollen vor allem vier Punkte in der neuen KI-Strategie der Bundesregierung vorkommen: Daten, Bildung, Transfer in die Wirtschaft und Regulierung. Das politische Signal soll klar zum Ausdruck kommen: Die Bundesregierung meine es diesmal ernst mit der Digitalisierung.

Fast scheint es, dass eine europäische Gesellschaft, die zukunftsvergessen und selbstzufrieden vor sich hinlebt, nun wirkliche Anstrengungen unternehmen will, den Wirtschaftsstandort Europa zukunftsfit zu machen. Nachdem Frankreich angekündigt hat, den lächerlichen Betrag von 1,5 Milliarden Euro innerhalb der nächsten 5 Jahre (!) in KI zu investieren, will auch Deutschland etwas beitragen und diesen Betrag mit drei Milliarden Euro toppen. Man kann diese Ignoranz hinsichtlich der erforderlichen Dimensionen nur als schändlich bezeichnen. Die Investitionsvolumina, die in anderen Weltregionen für KI eingesetzt werden, sind den handelnden Politikern nämlich sehr wohl bekannt. Es geht daher vor allem um Symbolpolitik. Und zwar wider besseren Wissens.

Gemäß dem Marktanalyseunternehmen CB-Insights zog China 2017 48% aller weltweiten Investitionen im Bereich KI an. Dies ist mehr als die USA, wo 38% aller Gelder hingingen. Dass selbst sehr kleine Staaten ausgesprochen aktiv und auch attraktiv für KI sein können, beweist Israel, das in diesem Segment weltweit mit an der Spitze ist. Nur Europa schläft. China hat angekündigt, bis zum Jahr 2030 globale Dominanz im Bereich KI erreichen zu wollen. Dazu investiert China als Staat gigantische Summen, die zusätzlich durch private Investitionen gehebelt werden. Bereits im Jahr 2017 hat China angekündigt, 150 Milliarden US-Dollar in den nächsten Jahren im Bereich KI zu investieren.

Europa sollte konsumptive Staatsausgaben senken und investive Staatsausgaben erhöhen

Wenn die Staatsverschuldung nicht weiter ansteigen soll, dann ist eine Strukturveränderung der Staatsausgaben unabdingbar. Wenn wir nicht die Zukunft unserer Kinder verspielen wollen, dann ist eine strukturelle Umgestaltung der Budgets weg von Sozialtransfers und hin zu Investitionen erforderlich. Dies bedeutet einen Kraftakt, der aber einer Bevölkerung, die sich längst von der Politik für dumm verkauft fühlt, durchaus zumutbar ist. Natürlich kann derartiges nur langfristig geschehen. Und es muss Hand in Hand gehen mit einer Verbesserung der Einkommens- und Vermögenssituation vor allem der sozial Schwächeren. Wer wissen will, wie das geht, der möge sich an Singapur orientieren!

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