Forschung und Entwicklung leiden in Europa unter Schwindsucht

Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hängt zentral davon ab, wie zukunftsgerichtet wir uns aufstellen. Dabei kommt den Ausgaben für Forschung und Entwicklung eine entscheidende Rolle zu. Europa hinkt dabei den USA deutlich hinterher und verliert auch gegenüber Asien an Terrain. Lippenbekenntnisse reichen nicht aus, den Trend umzukehren.

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Die deutsche Automobilindustrie hat vorgemacht, wie man es nicht machen soll. Jahrelang wurde es verabsäumt, neue Antriebe und autonomes Fahren mit Nachdruck zu verfolgen. Stattdessen hat sie sich darauf ausgeruht, den technologischen Vorsprung im Bereich des Dieselantriebes im Sinne kurzfristiger Gewinnmaximierung zu nutzen und durch widerrechtliche Manipulationen Innovationen nicht erforderlich erscheinen zu lassen. „Vorsprung durch Technik“ und andere Slogans dienten dazu, das Image als Premiumhersteller im Bewusstsein des Marktes zu verankern. Marketing anstatt Forschung und Entwicklung dominierte offenbar das Denken der deutschen Automanager.

EU-Unternehmen sind nach wie vor im Bereich traditioneller Branchen mit an der Weltspitze. Im Bereich von Zukunftsbranchen hinken die europäischen Volkswirtschaften allerdings deutlich den amerikanischen und asiatischen Wettbewerbern hinterher. Das wird sich rächen. Es ist derzeit nicht absehbar, wie sich dieser Trend umkehren lässt. Denn hierzulande fehlt es nicht nur an einer strategisch orientierten Industriepolitik, sondern vor allem auch am erforderlichen politischen Willen, daran etwas zu ändern.

Die europäische Politik lebt vor allem von Lippenbekenntnissen

Wie sehr die europäische Politik von Lippenbekenntnissen lebt, zeigt sich exemplarisch im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Hier ist es vor allem China, das gemeinsam mit den USA Europa bereits weit hinter sich gelassen hat. Gemäß dem Marktanalyseunternehmen CB-Insights zog China 2017 48% aller weltweiten Investitionen im Bereich KI an. Dies ist mehr als die USA, wo 38% aller Gelder hingingen. Dass selbst sehr kleine Staaten ausgesprochen aktiv und auch attraktiv für KI sein können, beweist Israel, das in diesem Segment weltweit mit an der Spitze ist. Nur Europa schläft.

Fast scheint es, dass eine europäische Gesellschaft, die zukunftsvergessen und selbstzufrieden vor sich hinlebt, nun wirkliche Anstrengungen unternehmen will, den Wirtschaftsstandort Europa zukunftsfit zu machen. Nachdem Frankreich angekündigt hat, den lächerlichen Betrag von 1,5 Milliarden Euro innerhalb der nächsten 5 Jahre (!) in KI zu investieren, will auch Deutschland etwas beitragen und diesen Betrag mit drei Milliarden Euro toppen. Man kann diese Ignoranz hinsichtlich der erforderlichen Dimensionen nur als schändlich bezeichnen. Die Investitionsvolumina, die in anderen Weltregionen für KI eingesetzt werden, sind den handelnden Politikern nämlich sehr wohl bekannt. Es geht daher bei uns vor allem um Symbolpolitik. Und zwar wider besseren Wissens. So hat China bereits 2017 angekündigt, in den nächsten fünf Jahren 150 Milliarden Dollar in diese entscheidende Zukunftstechnologie zu investieren.

Die gesamthaften Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) sprechen Bände, wenn man sich vergegenwärtigt, wie sehr unsere Unternehmen global mittlerweile in Rückstand geraten. Während europäische „Hidden Champions“ nach wie vor global hervorragend positioniert sind, geraten vor allem die größten Unternehmen zunehmend in Rückstand. Nur im Bereich Pharma und Biotechnologie vermag Europa noch Schritt zu halten. Da aber diese Branchen mit Abstand weltweit die höchste F&E-Quote unter allen Branchen aufweisen – jeder sechste Umsatzeuro wird durchschnittlich für F&E ausgegeben – wird der europäische Rückstand in anderen Branchen in volkswirtschaftlichen Statistiken betreffend F&E nicht so deutlich sichtbar.

Ernst & Young zeigt die Reihung der weltweiten Top Ten Unternehmen im Bereich F&E auf

Gemäß einer Studie von EY führen vor allem die großen amerikanischen Plattformgiganten Amazon und Alphabet (die Holding von Google) mit Abstand die Reihung der Unternehmen an, die die höchsten Ausgaben für Forschung und Entwicklung tätigen. Auf Platz 3 folgt Samsung aus Korea, Platz 4 belegt Microsoft, beides Unternehmen, die ebenfalls der Plattformökonomie zuzurechnen sind. Erst danach folgt Volkswagen als einziges EU-Unternehmen vor Apple und Intel. Platz 8 belegt Roche(Pharma) aus der Schweiz, gefolgt von Johnson & Johnson (Pharma, Medizintechnik und Konsumgüter) und AbbVie (Biotechnologie und Pharma), wiederum zwei US-Unternehmen. Die Tabelle zeigt die absolute Höhe der Ausgaben in Euro sowie die Veränderung in Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 2017.

Quelle: www.diepresse.com/home/wirtschaft/boerse/5659975/Amerikas-Gespuer-fuer-Vorsprung, Zugriff 23.07.2019

Amerika scheint ein Gespür für Vorsprung zu haben, wie Die Presse in ihrer Printausgabe vom 16.7.2019 schreibt. Und es geht wie folgt weiter: „Die USA sind nicht nur die weltgrößte Volkswirtschaft, sondern es sind auch deren Unternehmen, die global betrachtet am meisten in ihre Weiterentwicklung investieren. Sie gaben allein dafür 272 Mrd. Euro aus, ein Plus von zwölf Prozent gegenüber 2017. Chinas Ausgaben nahmen sich mit 33 Mrd. Euro im Vergleich dazu zwar bescheiden aus, doch unter dem Strich steigerte das Land seine Investitionen um fast ein Viertel gegenüber dem Vorjahr. In der Gesamtbetrachtung ist der asiatisch/pazifische Raum Europa knapp auf den Fersen.“

Die globalen Forschungs- und Entwicklungsausgaben steigen kontinuierlich

Eine PWC-Studie über jene 1000 Unternehmen weltweit, die im Jahr 2018 die größten F&E-Ausgaben tätigten, zeigt den Trend auf. Diese Unternehmen gaben im Jahr 2018 den Betrag von 782 Milliarden US Dollar für Forschung und Entwicklung aus. Dies entspricht einer Steigerung von 11,4 % gegenüber dem Jahr 2017. Die Umsätze stiegen im Jahr 2018 um denselben Prozentsatz, was die Forschungsquote unverändert ließ. Empirisch zeigt sich immer deutlicher, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Forschung und Entwicklung und Umsatzwachstum besteht. Ebenso besteht ein klarer Zusammenhang zwischen F&E und dem Wert der Unternehmen.

 

Quelle: www.strategy-business.com/feature/What-the-Top-Innovators-Get-Right?gko=e7cf9, Zugriff 23.07.2019

Gunther Reimoser von Ernst & Young stellt zu dieser Entwicklung fest: „Die Digitalisierung hat einen Investitionsboom ausgelöst, der stetig an Dynamik gewinnt“ Und er fährt fort: „Es wird immer klarer, dass die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zunehmend von ihrer technologischen Leistungsfähigkeit bestimmt wird – und dass auch Anleger und Investoren immer größeren Wert auf diese Faktoren legen“. Vielfach sei ein Wettlauf um Innovation und Technologieführerschaft entbrannt.

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F&E Ausgaben und Unternehmenswert weisen eine enge Korrelation auf

In der Reihenfolge der wertvollsten Unternehmen der Welt – gemessen an der Marktkapitalisierung, also dem Marktwert des Eigenkapitals – kommt es laufend zu Verschiebungen. Unübersehbar ist jedoch ein klarer Zusammenhang: Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung bestimmen maßgeblich die in den Aktienkursen ausgedrückten Zukunftserwartungen der Kapitalmärkte. Bewusst stelle ich die obige Liste der Unternehmen mit den höchsten Ausgaben für F&E aus dem Jahr 2018 einer Liste mit Unternehmensbewertungen Anfang des Jahres 2019 gegenüber, um so aktuelle kursrelevante Entwicklungen bestmöglich auszublenden. Mit Stichtag 19.1.2019 stellte sich die Reihung der wertvollsten börsennotierten Unternehmen – gemessen an der Marktkapitalisierung –  folgendermaßen dar:

  1. Amazon:      802 Mrd. US Dollar
  2. Microsoft:   789 Mrd. US Dollar
  3. Alphabet (Google):   737 Mrd. US Dollar
  4. Apple:          720 Mrd. US Dollar
  5. Birkshire Hathaway (Warren Buffet): 482 Mrd. US Dollar
  6. Facebook:   413 Mrd. US Dollar
  7. Tencent:      401 Mrd. US Dollar
  8. Alibaba:       392 Mrd. US Dollar
  9. Johnson & Johnson:  348 Mrd. US Dollar
  10. JP Morgan Chase:  332 Mrd. US Dollar

Von den 10 Unternehmen mit den höchsten Ausgaben (2018) für Forschung und Entwicklung (siehe obige Tabelle) sind Anfang 2019 fünf (!) Unternehmen in der Liste der zehn wertvollsten Unternehmen der Welt enthalten. Unternehmensbewertung orientiert sich an Zukunftserwartungen. Der Kapitalmarkt bewertet daher Unternehmen stärker in Hinblick auf Zukunftserwartungen als an aktuellen Gewinnen. Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen reduzieren zwar gegenwärtige Gewinne, sie schaffen aber die Basis für zukünftige Gewinne.

Technologieunternehmen und Plattformen haben die Nase vorne

Plattformunternehmen verfolgen ein besonderes Geschäftsmodell, das rasch skalierbar ist und besonderes Potenzial für Wertschaffung bietet . Sieben der oben aufgelisteten wertvollsten Unternehmen der Welt verfolgen in hohem Ausmaß ihrer Geschäftsaktivitäten eine Plattformstrategie. Und es sind genau diese Unternehmen, die auch hohe Ausgaben für Forschung und Entwicklung tätigen. Bei diesen Unternehmen sind es vor wiederum vor allem Investitionen in Künstliche Intelligenz, die die größten Werttreiber darstellen. Denn es sind datengetriebene Geschäftsmodelle, die unsere wirtschaftliche Zukunft bestimmen. Riesige Datenmengen lassen sich aber nur über Künstliche Intelligenz effizient nutzbar machen.

Viele Mythen ranken sich um den Begriff „Künstliche Intelligenz“. Science Fiction mischt sich mit Hoffnungen und Zukunftsängsten. Nüchtern betrachtet ist künstliche Intelligenz ein Teilgebiet der Informatik. Datengetrieben wird sich unsere Wirtschaft massiv verändern. Denn Künstliche Intelligenz erfordert Unmengen an Daten. Das ist eine schlechte Botschaft für Europa.

Die USA sind aktuell das Land, in dem sich die meisten Startups (etwa 1400) dem Thema künstliche Intelligenz („KI“) verschrieben haben. In Europa entwickeln aktuell etwa 700 Startups Technologien rund um das Thema künstliche Intelligenz. Allein in Israel sind es heute etwa 400. Diese Zahlen beziehen sich auf Startups und spiegeln die Problematik, in der sich Europa befindet, aber nur unzureichend wider. Google alleine arbeitet an etwa 1000 Projekten rund um das Thema künstliche Intelligenz. Und China holt nicht nur massiv auf, es ist teilweise bereits selbst gegenüber den USA auf der Überholspur. Kontinentaleuropa ist kaum präsent.

Obwohl die Liste der KI-Startups die Realität nur teilweise widergibt – die Techgiganten (Europa ist in dieser Liga nicht vertreten) spielen natürlich ebenso eine entscheidende Rolle – zeigt nachstehende Tabelle, wie sehr wir auf der Hut sein sollten:

Quelle: https://asgard.vc/wp-content/uploads/2018/05/Global-Artificial-Intelligence-Landscape-Industry-Map-International-by-Asgard-Capital-2018-and-Roland-Berger.jpg, Zugriff: 23.07.2019

Statt mit Zukunftsfragen beschäftigen wir uns lieber mit Ideologie und Nebensächlichkeiten. Unsere politische Kaste hat noch nicht einmal verstanden, dass Digitalisierung eigentlich fundamental auf unseren Stärken aufbaut, nämlich dem Finanzkapitalismus. Stattdessen lassen wir die Möglichkeiten, die sich uns bieten würden, ungenutzt an uns vorüberziehen und geraten langsam aber sicher in immer größeren Rückstand.

Amazon und Microsoft schlagen aktuell alle Rekorde

Am 23.07.2019 schrieb das Handelsblatt: Amazon und Microsoft sind erstmals wertvoller als alle deutschen Aktien zusammen. Sie kosten an der Börse 2036 Mrd. US-Dollar Das ist mehr als die 763 börsennotierten deutschen Unternehmen zusammen.  Diese kommen zusammengerechnet auf 2,02 Billionen US-Dollar. Binnen fünf Jahren steigerte Amazon seinen Netto-Gwinn von 12 auf 39 Mrd. US-Dollar, Amazon schaffte nach roten Zahlen zuletzt einen Nettogewinn von 10,1 Mrd. US-Dollar. Mit 60 Mrd. Dollar hat Apple im vergangenen Jahr soviel verdient, wie kein anderes Unternehmen auf der Welt.

Vor allem die Gewinnzahlen belegen, dass der Unternehmenswert vor allem von Zukunftserwartungen geprägt ist. Europas Industrie lebt hingegen vor allem von der Vergangenheit und der Gegenwart. Der aktuelle Abschwung der deutschen Maschinenbauindustrie ist nicht ausschließlich konjunkturell bedingt, sondern auch ein Ausfluss dessen, dass Deutschland zwar den Begriff “Industrie 4.0” geprägt hat, jedoch zu wenig dazu tut, ihn im Bereich der Digitalisierung mit Leben zu erfüllen.

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